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Februar 22#2 zweite ordnung


Ich weiß nicht, ist es die Bedrohung und die Angst, die mich plötzlich so vieles goutieren lässt?

Jetzt wird allenthalben wieder Meinungssalat reproduziert, werden Sichtweisen und Wahrheiten rezitiert, die sinnvoll erscheinen oder vielmehr entschieden und machtvoll vorgetragen waren.

Daher rührt meine Verweigerung der sozialen Medien, ich kann das alles nicht gut aushalten, diese Überzeugtheiten und das Zelebrieren von Achtelwissen, das unmittelbare Aufgreifen und Kundtun der vermeintlich eigenen Meinung und Sichtweise, die man sich extern angeeignet und zu Eigen gemacht hat - ohne das überhaupt zu wissen und zu reflektieren.


Alles, zu dem ich befähigt und worin ich expertisiert sein kann, betrifft meine eigenen Wahrnehmungen und Beobachtungen, also die Beschreibung meiner Reaktionen und Affekte.

Mir dabei zusehen, wie ich zusehe und was das mit mir macht. Diesen selbstreferentiellen oder reflexiven Prozess bemühen, der der Wahrnehmung und der Kommunikation prinzipiell und selbsterhaltend innewohnt:

Die Verlorenheit von Kevin Kühnert, als Vertreter einer Generation, die keinerlei Erfahrungswissen produziert hat, solche Wirklichkeiten betreffend.

Gleichzeitig aber auch die Größe, die im Einräumen und der öffentlichen Reflexion dessen liegt, welche Nähe das erzeugt, beim Zuschauen.

Die ungewohnt unverstellte Angefasstheit der politischen Existenzen, die plötzlich menschliche Züge aufzuweisen scheinen, nicht mehr vorgefertigte und durchgekaute Worthülsen produzieren, sondern sichtlich um eine Meinung, um Haltung, Fassung und Worte ringen. 

Wie vertrauenserweckend das wirkt.

Das Einverständnis mit den Experten und den Agierenden, im Wissen und aus der Überzeugung, dass da besonnen gehandelt wird, dass Erfahrung vorliegt und ein Bewusstsein über die Fragilität unserer gesellschaftlichen und politischen Kompositionen, die grundsätzlich auf Verständigung und Partizipation beruhen und angewiesen sind.


Wie ich bei „Maischberger“ wiederholt allen zustimmen will, Robin Alexander: Ja!, Stuchlitz: Ja!, Kühnert und Graf Lambsdorff: Doppel-Ja!, Habeck: sowieseo Ja!, selbst Christian Lindner: meinetwegen…


Bin ich abgestumpft, ein Applauskasper geworden, praktisch über Nacht?

Treibt die Ungewissheit ebenso in die Angst, wie Unwissen, und führt beides zu einer Art „Konsensualisierung“ meiner Intentionalität und meiner Wirklichkeit? 

Meine Werturteile zielen ungebremst auf Fraternisierung, prinzipiell mit Allem, was nicht Aggressor, was offensichtlich NICHT Putin ist. 

Das ist alles auf einmal ganz einfach und gut, viel zu einfach und gut, die vom Psychopathen angestrebte, neue Weltordnung hat in unserem Wohnzimmer somit schon Einzug erhalten, hat sich an mir bereits vollumfänglich vollzogen.

Auch das kann bedrohlich sein, macht mir zumindest Angst, in seiner Unmittelbarkeit und plötzlich dualistischen Aufmachung.

Werde ich da gerade eingesammelt, einkassiert? Läuft das derart ab? Muss da nur ein ausreichendes Bedrohungsszenario bestehen, um mir Waschmaschinen zu verkaufen? Legt mir einen Patriot-Act vor - ich unterschreibe?

Wünschen wir uns bald wieder starke Führungspersönlichkeiten, an entscheidungsgewaltigen Positionen?


Ich unterstelle mir die Abwesenheit von Dissonanz, von Differenz, eines allgemeinen Dissens. 

Konsensgequatsche nervt mich eigentlich, Konsens wird viel zu schnell angestrebt und eingeleitet, Konsens ist und macht unfruchtbar.

Alles, was wir können, ist wahrnehmen von Wahrnehmung, unsere Beobachtung beobachten, unsere Schlussfolgerung und unser Werturteil abstrahieren und reflektieren.

Alles andere ist rezitiert und blindgefleckt, bleibt jenseits zweiter Ordnung, was nicht bedeutet, dass es da keine Realitäten gibt, die zu vereinbaren sind. 

Aber nichts ist so real, wie der Mensch, dem man beim Wahrnehmen und Fühlen, beim Denken und Empfinden zuschaut.

Den Stecker hat mir dann dieser alte Mann vor seinem Auto gezogen, den ich zwar nicht verstehen konnte, dessen Verzweiflung und Trauer mir aber direkt unter die Haut und in die Knochen fuhr.

Dann hab ich die Hand der J ergriffen und gedacht, dass wir ja wirklich und jetzt gerade LEBEN, dass wir verwundbar sind und alles zerbrechlich ist. Weil ich das immer wieder vergesse.

Dann habe ich die Heizung aufgedreht und es warm gehabt.


Und, ganz am Ende dieses ersten Tages in einer neuen Welt, in der ich heute morgen aufgewacht sein soll, habe ich darüber nachgedacht, wie dankbar ich doch bin, dass der oberste Befehlshaber unserer „Streitkräfte“ momentan irgendjemand ist, aber NICHT Ursula von der Leyen.

Da musste ich plötzlich dann doch lächeln, bei der Vorstellung, Frau von der Leyen im Kampfanzug, und wie die Bösewichte der Welt da versammelt aufmarschieren müssen, vor der erfahrenen, siebenfachen Übermutter, und wie sie Wladimir mit einem gehörigen Donnerwetter entweder auf die Wuttreppe, oder gleich ins Zimmer zum Aufräumen schickt.


Bin ich oder ist das zynisch, in Anbetracht-

Und ist das verwerflich, oder Notwehr?

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Autor Florian Giesenhagen

Dipl.-Hygiagoge im Hygiagogik-Zentrum Nordwest

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