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Eilige Einfältigkeit

Blog Single

September 23/2  # Eilige Einfältigkeit


„Ich glaub´, es geht schon wieder los“

(Roland Kaiser)


Trinität der Affekte: Wut, Sorge, Angst. 

Überdruss ist häufig dabei, wie natürlich auch Scham, und manchmal und leider und gegenwärtig ein sonderbarer Ekel, der ja eigentlich nur der Abgrenzung bedienlich ist, der ist hier nun solidarisch mitlaufend...



17.9.23 WUT

Ich habe darauf eigentlich keine Lust, merke aber, dass ich schimpfen werde. Schon anhand der Gegenstände der Auseinandersetzung, heute, wird das zwangsläufig in diese Richtung geleitet sein, ärgern, austeilen, immer druff mit irgendeinem ollen Knüppel des Argwohns, der Notwehr…

Ist am Ende alles Selbst-Verteidigung?

Bitter, wenn ich dem Sarkasmus, den ich registriere, und dem ich etwas entgegensetzen möchte, einzig und vorherrschend mit Sarkasmen begegnen kann. 

Was ist das dann, doppelte Brechung? Meta-Sarkasmus?


Äh - Nein…?!


Es stellt eines von wenigstens zwei Horrorszenarien dar, gekennzeichnet dadurch, dass ich Angst habe, mich einmal unvermittelt in einer solchen Situation und Verfassung vorzufinden:

Vielleicht ist es Montag, Dienstag, oder Mittwoch, sicher ist es früher Nachmittag, im Sommer. 

Ich erwache plötzlich und hart aus einer abgestumpften Lethargie, sehe mich selber auf dem Sofa liegen - 

und BARES FÜR RARES schauen. 

In Bademantel und Socken. Mir wird sofort klar: 

Ich habe die Kontrolle über mein Leben verloren. 

Endgültig. Vollumfänglich.


Das Bild im Bild:

Diese Bräsigkeit, diese dem Hirntod schon ähnlich sehende, bald komatöse Niederfrequenz, auf der Horst Lichter seine untoten Gäste ansendet und ankumpelt ( „meine Lieben“, mein allerliebster Freund“…), die hat mich bereits völlig ergriffen und jeden Rest Leben aus dem vegetativen und vegetierenden Geist-Körper geseppelt.


Lichter muss Choleriker sein, zutiefst boshaft im Inneren, anders kann ich mir diese hinlänglich schmerzbefreite Hemmungslosigkeit nicht erklären, mit der er bemüht ist, die Distanz, die er eigentlich zu seinen einfachen und schlichten Gästen empfindet und setzt, zu überbrücken, durch eskalierende Bekundungen der Sympathie und der Volksnähe.(s.o.) 

Wer durch Dialekt, Fürwort und Ansprache - prinzipiell durch den kompletten Habitus, inclusive freches Bärtchen - unbedingt vermitteln will, er sei einer von denen, die er da vorführt, kann keiner von denen sein, kann sich nicht für einen von denen halten, muss sich in anderen Sphären bewegen und verorten, selbstzuschreibend, grundsätzlich.


Der andere Horror ergreift mich in der Vorstellung, ein typisches Regionalformat der dritten Programme der Öffentlich-Rechtlichen, würde unserer Praxis, der Tätigkeit, oder dem Berufsbild, „die Ehre“ eines Beitrages erweisen… 2-3 Minuten, in vertrautem und bewährtem Tonfall der absoluten, abgeklärten Ahnungs-und Belanglosigkeit. 

Ich denke an „Buten un Binnen“, „DAS!(mit rotem Sofa der Erniedrigung) , oder gar an ein „Gesundheitsformat“ der gesetzlichen Krankenkassen, eventuell „Visite“?


Ich halte es für unmöglich, in einem solchen Format NICHT

eklatant zu scheitern und verwurstet zu werden, sich der formalen und formatierten Verdeppung NICHT zu ergeben, widerstandslos.

Alles, was von diesen Lichtkegeln beleuchtet wird, das in diesem Kontext und Zusammenhang erhellt und gegenständlich ist, sieht sich direkt einem völlig enthemmten Degenerationsprozess ausgeliefert, kann sich nur flachlegen, ganz klein machen und der waltenden und vorgegebenen Lächerlichkeit preisgeben, da die Zweckmäßigkeit genau darin besteht: Einzukassieren. 

Erzwungene Kapitulation - durch motivationale Unterlassung. 

Preisgabe aller Beweggründe. 

Den kurzen und lokalen „Ruhm“ (der Bekanntheit ob des Beitrages) anbieten, um die große Hexis abzukaufen, etwaig noch vorhandene Visionen und Ideen mattzusetzen, vermeintliche Verstehbarkeit herzustellen, durch maximale Simplifizierung und Runterbrechung auf das, was in einem dreiwörtigen Hauptsatz jedem als auserzählt oder erklärbar zu verramschen ist.


Gemeinmachung, Zurechtstutzung und Vergewöhnlichung, dessen, was den Anschein macht, kein leicht verdauliches Häppchen für zwischendurch, für Unsereins und Jedermann zu sein. Einmal rauf aufs rote „DAS!“- Sofa, die regionale Mettpresse angeworfen, eine Prise Süffisanz dazu, ein Löffelchen Jovialität und Dummdreistigkeit, fertig ist die Wirklichkeit, die es dem Kriechtier Hinnerk Baumgarten ermöglicht, „auf Augenhöhe“ zu begegnen.

(legendär: sein „Gespräch“ mit Katja Riemann, auch, weil deren Hybris sich einfach nicht andummen, einwursten und plattwalzen ließ - kennzeichnend aber: nach einigen, völlig wahnsinnigen Shitstorms niedersächsischer Empörtheit, musste SIE sich entschuldigen…wegen: arrogant!)


Das Prinzip besagt, dass schonmal jeder, der sich nicht absolut und unmittelbarst gemein zu machen trachtet und versteht, sich auf alle Fälle „für was Besseres halten“ muss.


Das Problem wiederum, besteht in der perspektivischen Verschiebung, die ein Minderwert, in kriechender Hinsicht auf Jene, die sich nicht erniedrigt sehen und finden, insofern erzeugt, als er „die da oben“ von unten erlebt und als überhöht -oder sogar abgehoben- wahrnimmt. 

Die Augenhöhe 


Ich erinnere mich da gerade, in diesem Zusammenhang, an JJ Liefers, als er zu Kreuze kriechen musste, vor den Altaren des WDR, um „Wiedergutmachung“ zu betreiben, für seine Beteiligung an dieser Aktion einiger Künstler, die sich (´20?,`21?) gegen die Corona-Politik wandte: 

ich habe mich selten so geschämt, einfach nur, weil ich ebenso Mensch bin, wie dieser völlig gottlose, freidrehende Moderator, der es innerhalb von drei Minuten vermochte, sich wirklich KOMPLETT zu demaskieren und zu outen, als faschistoid, reaktionär, dumm, dreist, dummdreist, eitel, selbstgefällig, Arsch - Stop. Sonst fang ich hier noch an, mich zu ärgern…


Fällt mir jetzt ein, nach der Erschöpfung der Tiraden:

Am Ende wird oft nur das Bemühen sichtbar, die eigene Unzulänglichkeit grundsätzlich zu verankern, und als Conditio Humana festzulegen.

Aus (s)einem Einzelfall eine Gesetzmäßigkeit zu erheben, um Allgemeingültigkeit für die eigene Limitierung und Situiertheit zu beanspruchen, sagt dann mehr über den Argumentierenden aus, als über die Inhalte der Argumentation.


18.9.23 SORGE

Es eilt, es drängt, es pressiert.

Habe das Gefühl, den Eindruck, das Bedürfnis, die Kernaussage des letzten Beitrags nochmal klarstellen zu wollen, zu haben, zu müssen:

Luft und Hauch (Blog September 23/1) ist KEINE „Brandrede“ - wider die Empathie.


Es erscheint mir vielmehr als Irrtum, Emphase ließe sich MACHEN, herstellen, vorsätzlich „erzeugen“.

Das, was das Phänomen meint, ist eigentlich immer da, immer vorhanden, ist waltender Grundmodus der intersubjektiven Zwischenräume.

Alles ist resonant, alles ist Resonanz, nichts Lebendiges kann jemals nicht-resonant sein, in luftleeren Räumen schwebend, nicht angebunden, aus-geschlossen, verschlossen. 

Es wäre dann „tote Materie“, dinglich, unbelebt.


Es gilt demnach eher, das freizulegen, zu ent-decken, zu heben und zu erhellen, was in der Tiefe immer schon  ausgelegt ist und was fortan zugeschüttet und unvernehmlich wird, was unkenntlich gemacht ist, durch Eingreifen, durch Abnutzung und Abstumpfung. 

Und natürlich durch eine Intentionalität, die sich auf sich selbst richtet, sich selbst genügt, die nicht offen bleibt für Teilbarkeit, nicht mehr permeabel ist für Wirklichkeit, die mehr als einen einbezieht - obschon das einer der Wesenszüge aller subjektiver Wirklichkeit ist, letztgebend und grundsätzlich, immer schon anhand eines/des Anderen erfahren und erlebt zu sein.


Intersubjektivität bedarf keines Vollzugs, ist keine Möglichkeit, keine Erweiterung einer grundsätzlicheren oder ursprünglichen Subjektivität. Ich kann Zwischenräume weder entwerfen, noch machen, da diese grundlegend und bedinglich SIND, ebenso innere Notwendigkeit, wie grundphänomenal - also im eigenen Zusammenhang nicht weiter rückführbar auf anderes.

Trennung, Teilung und Vereinzelung sind Nachträge, die nur insofern rückgängig oder überwunden sein müssen, da sie an irgendeinem Punkt konstruiert sind - wenn auch nachhaltig und vor allem eindrück-lich.


Ich kann NICHT: das Gesicht in Anstrengung verziehen und mich darum bemühen, jetzt und hier aber das zu fühlen, was ein anderer fühlt, mit ihm zu fühlen, mich „einzufühlen“, in dessen Empfindung. 

Es ist vorerst seine Emp-findung, es ist das, was er vorfindet, sein Geschehen in seinem Erleben.

Ich vermag nur all das zu unterlassen, was den Blick, die Ein-und Empfindung für die ursprüngliche, zu teilende Grundsituation eintrübt, und insofern und anhand dessen  die Durchlässigkeit für andere und für gemeinsame Situationen SEIN lassen.

Einfach nur (Sein) sein lassen, durch Nicht-Handeln (gemäß des TAO bzw. des LAO-TSE).


Und Nicht-Handeln ist keine Handlung. 

Ich überschätze andernfalls das Machen und mich als Machenden. SEIN ist nicht MACHEN.

Es entfaltet und vollzieht sich (reines) Geschehen von selbst, nicht durch uns, nur mit uns, nicht ohne uns, nur anhand von uns.

Das ist ein Wesenszug des Konkreativen.

Das war der Gedanke.

Anderes sollte damit nicht ausgedrückt sein.


19.9.23 ANGST

Dann frage ich mich, ob es wichtig und unerlässlich ist, anschlussfähig zu sein und zu bleiben, im Denken, wie im Wahrnehmen und Erleben.

Und beantworte mir das mit:

Ja, sicher.

Gedanken, Erfahrungen und Empfindungen sind immer schon vor dem Horizont einer allen zugänglichen Welt ausgelegt, die sich nur insofern öffnet, als das subjektive Erleben sich erst herausschält, aus einem primären und ursprünglicheren Situationsfluss, und sich erst als Erfahrung von Selbstheit abzeichnet, vor den Hintergründen von Sehen und Angesehensein.


Sofern das ICH meint, nicht auf das DU verwiesen zu sein, wird es kritisch. 

Dann verfestigt sich die Situation und es fixiert sich im Erlebnis eine Situiertheit, die in sich eine übermassive, absolute iCH-Form einsperrt, wie in einen Käfig, der sich nicht mehr nach außen öffnen und im (An-)gesehensein realisieren lässt. 

Es ist nur fraglich, ob der zu findende Anschluss kompatibel in viele Richtungen sein muss, massenkompatibel, mengentauglich, sozusagen. 

Es reicht prinzipiell aus, irgendwo Einen zu identifizieren, der den Gedanke, oder die eigene Wahrnehmung, in der Zurückwerfung verankert, anhand dessen sich Realität vereinbaren lässt, als Möglichkeit des Erlebens, als Existenzial.


Der einzige Weg, in weitesten Teilen auf Konsensualität zu verzichten, liegt vielleicht darin, die Überspanntheit und die Enge zu ertragen, die dieser Verzicht und die damit verbundene Isoliertheit des eigenen Weltaufschlusses erzeugt, die Konsequenz eines derart fragilen und brüchigen und undurchlässigen Erfahrensraumes eben hinzunehmen und sich vor allem auch zurechtlegen-und denken zu können.


Es wird still, und einsam, dort, wo keine Fährten für andere mehr ausgelegt sind, keine Spuren mehr verfolgbar und keine Verweise mehr vernehmlich, auf den Ort, wo sich ein Einzelner aufhält, gedanklich, emotional, erfahrend, wahrnehmend und im Erlebnis.

Aber vielleicht sind da gerade auch Solche, denen die Stille, die Einsamkeit und die Leere entspricht, die überhaupt erst zur Entfaltung und zur Sprache - eben als Ent-Sprechung -kommen, wenn ihnen nicht schon, nach dem ersten vollständigen Satz, allenthalben ein Zustimmungsgegröhle entgegenschwallt, das da ja immer auch sagen will und soll: 

„Ja, er ist verstanden und gemein gemacht, er ist wie wir, er ist einer von und unter uns, er kann und möge dies nun immer sein - oder aber schweigen!“


Die Angst, davor, isoliert zu sein, keinen Anschluss zu finden, im Denken und Erleben, ist umso größer, je weniger durchdrungen die eigene Wahrnehmung ist. 

Andersherum nehmen Ängste dann proportional ab, in dem Maße, wie Wirklichkeit aufgeschlossen ist, vor den eigenen und vor gemeinsam ausgestalteten Begehungsräumen, die immer solider und stabiler werden, je tiefenstrukturierter sie erhellt sind.

Stabil und solide betrifft jedoch nur die Argumentation und die Analytik, nicht den Bau und das Fundament.

Das würde nämlich bedeuten, Wirklichkeit und Wahrnehmung unverrückbar, absolut und monoperspektivisch zu erleben - eben fundamental.

Die eigene Erfahrung und Aufgefasstheit ist vom Wesen her etwas zu Verhandelndes, ist immer schon im Gespräch befindlich, auf Zuruf reagierend und antwortend.

Wer das eigene Antworten übersieht, muss den Zuruf überhört haben.


20.9.23 SCHAM oder Der GERT SCOBEL-MOMENT

Ich empfinde Diskussionen, Gespräche und Dialoge dann als wirklich interessant und bereichernd, wenn diese sich auf Gegenstände des ERLEBENS beziehen.

Alles andere ist übernommen, zurechtgelegt, irgendwo aufgeschnappt, verwurstet und wiederverwertet, und ausserdem an sich austauschbar, nicht wirklich aussagekräftig, da es sich nur um MEINungen handelt, um etwas, was an den Rändern überläuft, irgendwie, als breiiger Nebeneffekt.


Es entfaltet kommunikativ und dialogisch weder Relevanz, noch Aussagekraft, was sich nicht auf Grundlage innerer Notwendigkeit bewegt, oder aber Solches verhandelt und zur Diskussion stellt, was tatsächlich erlebt, empfunden, erfahren oder wahrgenommen ist (sondern eben herangezogen, aufgefasst, gemeint oder rezitiert).

Es wundert und verwirrt mich, wenn jemand aussagt, „alle Imperien der Hochkultur müssten zwangsläufig untergehen.“

(Bin mir nicht sicher, ob ich diese Hülse korrekt rezitiere…)


Jedenfalls - was ist denn das für eine Aussage? 

Auf Grundlage welchen Erlebens wurde dies dem Aussagenden zuträglich?

Es entbehrt jeder Unmittelbarkeit, es handelt intentional von Arten und Weisen, gesehen und angesehen sein zu wollen, es bedarf zu großer Bemühung, durch Fragen einen Verweis auf das erlebende, empfindende und erfahrende Subjekt aufzuspüren, dessen Situation zu teilen und Wirklichkeiten gemeinsam begehbar zu machen.

(Ebenso ist anzunehmen und für den Verursacher zu hoffen, dass es großer Anstrengung bedurfte, diesen Gert Scobel-Satz unter die Leute zu bringen, ohne von einer autoaggressiven Peinlichkeit bedrängt zu sein, von einer Art inneren „Schäm dich“-Peitsche der eigenen, noch verbliebenen Würdezuschreibung gemaßregelt…).


Die Realität, die da noch zu vereinbaren ist, kann keine wirklich beziehbare Lebenswelt sein, derer man sich gegenseitig anvertraut, die man teilt und wechselseitig erlebt - und bestenfalls als gemeinsame Situation empfindet.


Zu den Imperien, den Hochkulturen und deren Untergang:

Was soll man dazu sagen, was ist dem noch zu entgegnen?

„Wie kommst du zu der Annahme?

„…Aha, und wie fühlt sich das an, für dich, als Nicht-Imperium?“

Als geschriebener Text ist das okay, sich den Dingen und Sachverhalten schriftlich und gedanklich anzunähern, gerne, aber nicht in einer gemeinsamen Situation eines Gespräches oder Dialogs.

Es überfällt mich eine Anstrengung und ein Widerwillen, mich mit so etwas konfrontiert und auseinandergesetzt zu sehen, ich empfinde unmittelbar eine wehrhafte Distanz, die da mitsendet: 

WER spricht denn da? Wo befindet der sich denn gerade, wenn nicht genau hier, mir gegenüber? 

(Vielleicht in einem Plenarsaal? Einer Talkshow?)


Weil es ja auch an sich keine Preisgabe enthält, keinen substantiellen und persönlichen Kontext, keinen Verweis, keine Spur, die zu meinem Gegenüber, zu dem Anderen führt.


Aber wahrscheinlich ist ebendies, zu Ende gedacht und verfolgt, bis zu den grundlegenden, inneren Notwendigkeiten, der letzte und eigentliche Sinn solcher Aussagen…

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Autor Florian Giesenhagen

Dipl.-Hygiagoge im Hygiagogik-Zentrum Nordwest

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