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Neufassung der Gesundheit

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SEPTEMBER 24 # TEIL 2 - NEUFASSUNG der GESUNDHEIT


1) DICHOTOMIE DER GESUNDHEIT

Ebenso, wie nach Antonowsky ein Gesundheits-Krankheits-Kontinuum besteht, so existiert Gesundes in Krankem und Krankes in Gesundem.

Es gehört zum Wesensgefüge der Gesundheit, auch durch Erkrankung zu gehen, oder beizeiten Infekte immunolgisch durchzustehen, solch lebendige und einander bedingende und hervorbringende Prozesse zu durchlaufen.

„Krankheit" wäre demnach durchaus die -dichotome- Gegenüberstellung der Gesundheit - wenn dies als genuin-prozessualer Bestandteil eines dynamisierten Gesundheitsbegriffes gedacht und aufgefasst ist.

Ausgehend von einem lebendigen, dynamischen Da-Sein, welches sich immer schon in Wandel und Bewegung befindet und vorfinden lässt, wäre aber der Zustand der STAGNATION tiefenfundiert das, was eintritt, wenn Gesundheit ausbleibt, sowie auch das, was Gesundheit ausbleiben lässt.

Überall dort, wo natürliche Prozesse stagnieren, ist dessen Bestand nicht „krank", sondern - IM GRUNDE GENOMMEN - NICHT GESUND.

Wo sich Krankheit konstatieren lässt, da besteht die Möglichkeit von Genesung und Gesundung, da ist das „Kranke" ein wesenhaftes Moment, welches die Struktur GESUNDHEIT vereinheitlicht.

Im Falle oder im Zustand der Stagnation muss davon ausgegangen sein, dass die gesunden(den) Prozesse ausbleiben, dass VERFALL einsetzt, dass in weiterer Folge mit einer grundsätzlichen Degeneration zu rechnen ist.

Alles befindet sich in einem fortlaufenden Prozess von Re-und Degeneration, nichts kann jemals „stillstehen“ und in einer momentanen Verfasstheit (konstitutiv oder) konstatiert sein.


2) STRUKTURANALYSE

Intention und Versuch bestehen darin, GESUNDHEIT auf dessen innere Bedingtheit und die zuGRUNDEliegende, phänomenale ERMÖGLICHUNG hin zu analysieren, und aus der Tiefe der strukturellen Erscheinung die Zeitgemäßheit des Phänomens Gesundheit herauszuarbeiten. 

Gesundheit betrifft all das, was lebt und zeichnet lebendiges Seiendes aus. Das, was „ausgezeichnet" ist, betrifft nicht alleine den Menschen, wird aber von diesem mit Auszeichnungen versehen. Insofern steht außer Frage, dass eine Ontologie der Gesundheit auch eine strukturelle Analyse von -menschlicher- Erfahrung, von Erleben und von Wahrnehmung einbezieht und umschließt, an manchen Knotenpunkten geradezu WIRD.

Dort, wo sich Gesundheit phänomenal an die Regelcharakteristik des „Bewusstseins" bzw. der „Bewusstheit" bindet, wo sie also „transzendental" wird, da scheinen sich das Grundgerüst der Struktur MENSCH und das der GESUNDHEIT zu decken. 

Jedoch ist Gesundheit nicht gleichzusetzen mit Gesundheitswahrnehmung, bzw. mit Wahrgenommenheit des Gesunden.

Jedes herausgearbeitete Moment des phänomenalen Wesensgefüge ist dann tatsächlich WESEN-tlich, also nicht mehr weiter rückzuführen auf Tieferliegendes, wenn es selber eine letzte Bedingung der Ermöglichung darstellt, eine „innere Notwendigkeit"(Rombach), die die letzte, vorstellbare Dimension der Rückführbarkeit erreicht hat.


So sind (im Rahmen der hygiologischen Konzeption) Emergenz, Kohärenz und Responsivität drei grundlegende „Schätze", derer sich die menschliche Verfassung hinsichtlich der Gesundheit „bedient" und auf die diese „subsummierbar" ist.

Dieses Gerüst der Dreiteilung ist Bestandteil des Aufbaus, der Gesamtkonstruktion das Phänomens - und wird dennoch im Einzelnen wiederum noch durch tiefere Notwendigkeiten strukturell bedingt und auf diese auslegbar.

Die Bedingtheiten, die Beschaffenheit und die Bezogenheit der „letzten", der fundamentalen Wesenselemente (der GESUNDHEIT ) aufzudecken, diese als Solche und als „nicht mehr weiter Rückzuführendes" herauszuarbeiten, soll also hiermit als Versuch unternommen und eingeleitet sein.

Die Tiefendimensionen sind insofern wesentlich fundamental, als sie die Eigenheiten aufweisen, sich gegen-und wechselseitig zu bedingen und zu ergänzen, sich hervorzubringen-und zu heben und aufeinander überzugreifen. Jedes steht für sich und ist dennoch - in struktureller Eigenschaft - an das andere gebunden.


Der Versuch hat folgende Stringenz erkennbar gemacht:

a) Gesundheit ist GESPRÄCH

b) Gesundheit ist WEG und WANDEL

c) Gesundheit ist KONKREATIVE GESTALTUNG 

Desweiteren und daraufhin wird versucht, Gesundheit als RELATIONALE GRÖßE zu verhandeln und zu beleuchten.


a) GESUNDHEIT IST GESPRÄCH

Der Mensch ist lebendiges Gefüge und ist Teil lebendiger Gefüge.

Was lebendig und was „GEFÜGE" (oder Struktur) ist, artikuliert sich in ständigem Austausch und anhand eines vielstimmigen GESPRÄCHS - alles ist allem gegenüber RESONANT. 

Alles Leben befindet sich demnach in Verfassung eines universalen und multidimensionalen (ANGESEHEN-und) ANGESPROCHENSEINS. Der Mensch erkennt und individualisiert sich auch im SEIN FÜR ANDERE, im ANGESEHENSEIN.

Es leitet sich daraus ein immerwährendes, fortlaufendes und situativ-individuell noch auszugestaltendes SPRECHEN und ANTWORTEN ab:

Was lebt, ist resonant, SPRICHT, und ANTWORTET.


Jede einzelne Zellteilung ist ein resonantes und permeables Geschehen, es sind da keine humanen und natürlichen Prozesse auffindbar, die isoliert stattfänden, die nicht in irgendeiner Weise auch reagierten, in Beziehung stünden, aufeinander WIRKTEN oder sich bezögen - nicht aber in einer „systemischen“ Hinsicht, sondern anhand einer organismischen, strukturalen Verfasstheit.

Jeder zu beobachtende Stoffwechselprozess besteht aus dem Abbau eines Stoffes, zugunsten der Entstehung oder des Aufbaus eines Anderen, eines NEUEN.

Jede organische Struktur betreibt Selbstentfaltung, baut sich aus Bestehendem auf, aus natürlich Vorhandenem, aus elementaren Stoffen. Sie tut dies, indem sie umbaut, umwandelt, synthetisiert - das Eine schlägt in ein Anderes -bzw. in seine nächste Stufe - um. 

Neue Ordnungen entstehen, wenn Vorhandenes sich wandelt. Der Moment, in dem dies geschieht, ist in zeitlichen Dimensionen(vorher/nachher) kaum zu beschreiben, es gibt jedoch eine nicht sicht-, mess-, oder darstellbare „Phase“ des ZWISCHEN, der konkreten Umwandlung, des SPRUNGS oder des UMSCHLAGS.


Anm.: Der heraklitische „KERAUNOS“ bezeichnet wohl  diesen Vorgang, diesen Moment, dieses Zwischen - als einen „DAS ALL FÜHRENDEN BLITZ“…

In der klassisch-chinesischen Medizin und Philosophie analogisiert sich dies anhand der Theorie des TAO und des QI.


Dieses „Führen“ verweist auf eine Gebundenheit der Dinge, der Phänomene, der Stofflichkeit. Gebundenheit bedingt Interaktion, aufeinander Bezogensein, GESPRÄCH.

Überall dort, wo diese natürliche Gebundenheit nicht mehr Bestandteil der Wirklichkeitsauffassung, des konkreten ERLEBENS und der wahrgenommenen Lebenswelten ist, muss sich einer RÜCKBINDUNG (wörtlich: RE-LIGION) bedient werden.

Wo LEBEN ist, ist auch Gespräch.

Wo Lebendiges sich (vor-)findet, lässt sich auch GESUNDHEIT finden und konstatieren, als waltendes Grundphänomen.


Alles Seiende ist als Potential auch schon der Umschlag von Anderem, alles schlägt von Altem in Neues um, nichts kann jemals NICHT (gewesen) SEIN. 

So verweist das letztgebende GESPRÄCH, als innere Notwendigkeit des Grundphänomens GESUNDHEIT, auf eine weitere Tiefendimension - WEG UND WANDEL.


b) GESUNDHEIT IST WEG UND WANDEL

Wo Dasein erfahrbar wird, wo es also genuin menschlich ist, indem es von Menschen erlebt und wahrgenommen ist, da ist es auch zeitlich. Die Tiefendimension der Zeitlichkeit ist das NACHEINANDER, als innere Bedingtheit der Erfahrung von Zeit, von Vergehen, von Vergänglichkeit.

Nacheinander, Veränderung, Vergänglichkeit und Endlichkeit sind dynamische Phänomene - also IN BEWEGUNG und in WANDEL begriffen.

Alles, was wesenhaft (und) lebendig ist, IST nur in Bewegung, in Wandel und immer schon AUF DEM WEG, (sich) suchend und gestaltend, schöpferisch und schaffend.

Aus den strukturellen Übergängen und aus der Einheitlichkeit gegensätzlicher und sich äquilibrierender Grundverfassungen heraus, entstehen immer wieder und immer neu Grundbewegungen, die fundamental die Daseins-Strukturen des Lebendigen überhaupt veranlassen und „verwesentlichen" - letztlich auch aus einem dynamischen Hervorgang des Gesunden aus dem Kranken und des Kranken aus dem Gesunden.

Wo dies fungiert, waltet und ineinandergreift, ist GENESE tätig, ist GENESUNG ausgelegt, ist ein immer schon und je noch auszugestaltender Prozess „auf dem Weg", der als Solches wiederum Tiefendimension der GESUNDHEIT ist.


Anm.: Es ist bereits im Begriff der „GENESUNG“ angelegt, dass „Gesundung“ weniger bedeutet, nicht mehr krank und wieder gesund zu sein, vermeintlich zurückzukehren zu einer stabilen und herkömmlichen Verfassung eines regulären und normativen „Gesundseins“. GENESUNG leitet sich von GENESE ab. Es bedeutet auch im wörtlichen Sinne „Entstehung“ und „Entwicklung“, nicht aber - wie es biomedizinisch dargestellt ist - Rekonvaleszenz, als letztes Stadium einer Heilung oder einer „vollständigen Restitution“. 

Die Perspektivität dieses Sachverhalts reduziert Vorgang und Begriff auf einen Physikalismus. Das Phänomen GESUNDHEIT ist jedoch multiperspektivisch und multidimensional an-und ausgelegt - sowohl kulturell, als auch historisch bzw. entwicklungsgeschichtlich.


GESUND ist demnach, was AUF DEM WEG und was IM WANDEL ist. GESUNDHEIT ist insofern kein Zustand, der irgendwie zu konstatieren und irgendwann absolut erreichbar ist oder wäre.

Es ist vielmehr und u.a. eine sich in Wandel und in Prozessen hebende, eigene Dimension der Situiertheit und der Auffassung von Wirklichkeit, sowie ein Moment im Wesensgefüge all dessen, was strukturellen Phänomenen innewohnt und deren lebendige Verfasstheit kennzeichnet, wie darüberhinaus selber ein Tiefenphänomen, auf welches menschliche Wesenselemente zurückzuführen sind und wodurch diese sich konkreativ finden (können).

Als in einem Prozess der Gesundheit befindlich sind individuelle, interpersonelle und soziale Erscheinungen dann aufzufassen, wenn und insofern diese sich selbst zu entfalten und zu dynamisieren vermögen.

Individuell und prozessual „gesund“ sind Subjekte, wenn sie sich auf Verstehen und Verständigen ausrichten, wenn sie Handeln in gesellschaftlicher Bedeutsamkeit intendieren, und wenn sie sich konkreativ darum bemühen, die grundsätzliche Reflexivität und die situativen Reflexionen -immer wieder aufs Neue- zu bereinigen.


Erkennen heisst (sich) Verändern. 

Erkennen ist Ent-Faltung, dessen, was gerade noch war und jetzt - im Vorgang des Erkennens - schon (entfaltet und)

gewesen ist.

Jede „Erkenntnis" versetzt sich selbst und den Erkennenden unmittelbar in Bewegung, verwandelt die Auffassung und verändert den Standpunkt (indem und in dem dieser identifiziert und anhand dessen dieser -in direkt und im selben Vorgang erneut einsetzender Unterscheidung- mit sich identisch wird).


„Bewusstsein" und Bewusstheit sind dabei aber nicht die einzigen und nicht in jeder Hin-Sicht die „glaubwürdigsten" Dimensionen, an denen sich humane, lebendige Phänomene heben, beleuchten und erhellen lassen. Das Denken kann sich täuschen, es kann sich geirrt und „vertan“ , verhört und versehen- worden sein, und es können Denkfehler begangen werden.

Nicht täuschen lässt sich nur die EMPFINDUNG, man kann sich nicht „verfühlen“, jedes Emp-finden heisst immer auch (sich) FINDEN, als aufrichtigstes Aufscheinen der Eigentlichkeit, der Meinhaftigkeit, dessen, was tatsächlich und ohne Zweifel Bestandteil und Folge des ureigenen ERLEBENS ist.

Es ist insofern auch ein Vorgang der Entfremdung von fundamentalen, anthropologischen Strukturen, oder eben ein fahrlässiges Psychologisieren von Tiefendimensionen, wenn „das Dunkle", die Abgründe, das „Spüren", die Intuition oder das nicht (visuell) Sicht-oder nicht (mehr) Denk-und Sagbare, wenn also hermetische Phänomene, die nicht direkt an der Dimension des „Bewusstseins" Erhellung finden, in ein vermeintlich „Unterbewusstes" verlegt und insofern irrationalisiert (und evtl. infolge sogar pathologisiert) werden.

Dunkelheit, Abgrund und Tiefe sind wesentlich, und sind wesenhaft dort Momente der Grundstruktur, wo deren Erfassung die zweidimensionale Verfasstheit der reinen Oberfläche und der verzerrten Abflachung durchbricht.

Nur jenem, dem beizeiten auch der Boden bricht, dem kann sich auch die Tiefe öffnen.


Es lässt sich demnach behaupten, dass, was sich in und aus aufrichtiger Auseinandersetzung mit ICH und WIR, mit Welt und Wirklichkeit hervorzubringen weiß, in natürlicher Dynamik zu bestehen, in prozessualer Bewegung zu existieren und in gesunder Selbstartikulation zu partizipieren vermag.


c) GESUNDHEIT IST KONKREATIVE GESTALTUNG

Individuation kann nur aus einer vielstimmigen Sozialität hervorgehoben sein, ebenso wie Sozialität im strukturellen Zusammenhang einer Universalität aufscheint.

Insofern werden Momente der „individuellen Gesundheit" vor dem Hintergrund von Sozialität und Kulturalität erhellt, beides artikuliert sich vor universalem Horizont.

Da ist keine vermeintlich nach außen isolierte oder aus natürlicher Eingebundenheit exkludierte, „reine" und nur an und für sich bestehende Individual-Existenz, deren Aspektierungen mehr oder weniger gesund erschienen.

Auch die Zellen eines Organismus sind nicht zunächst vorhanden und werden dann in diesen "eingebaut" oder als ein Solcher „zusammengebaut" - sie ENTSTEHEN stets nur IM GANZEN und ALS GANZES des Organismus, indem und in dem sie von Grund auf MOMENTE desselben sind - sprich: der Organismus baut "sich selber auf" - jedes einzelne Moment ist tragend in und im Zusammenhang einer grundlegenden Konstitution.

Strukturen „entstehen" nicht eigentlich, in einem linearen Sinne, sie gliedern (und bereichern) sich vielmehr durch eine differenzierende Aufbauleistung, die als Solche eine gegebene GANZHEIT ARTIKULIERT.


Die Aspektierungen und die Erscheinungsformen, die hinsichtlich der Individualgestalten als mehr oder weniger „gesund" bezeichnet werden können, die weiterhin nicht dem reduktionistischen Irrtum erliegen, den Einzelnen aus seinen ursprünglichen und genuinen Gebundenheiten und Verflechtungen „lösen" zu können, ihn sozusagen exklusiv über  Natur und Umwelt zu stellen, finden sich in Annäherung und als Beispiel bei Auguste Comtes Proleptisch-reagierendem Organismus.

Dem Strukturgefüge des o.e. Organismus, der immer nur IM GANZEN und ALS GANZES sich artikuliert, fügt Comte eine Vermittlungstätigkeit hinzu, die als eine Art „Agent" zwischen Innen und Außen fungiert - „vorgreifend“(proleptisch) hinsichtlich einer gelingenden Artikulation, die insofern proleptisch gestaltet und die stoffliche Konkreativität des Lebendigen „zu sich selbst kommen lässt".

Wo dies gelingt, lässt sich „Gesundheit" konstatieren und beobachten.

Dort aber, wo diese Umschläge ausbleiben, wo Prozesse nicht umbrechen, dort kann wiederum von Stagnation gesprochen sein.

Individual-humane Entsprechung findet sich auch beim Vorgang der HYGIOGENESE - und desweiteren überall dort, wo chronobiologische Zusammenhänge berücksichtigt und wo Chronophysiologie mitgedacht wird.


Anstelle eines konstitutiven und vermeintlich homogenen "ICH-APPARATS", existiert „das ICH" immer nur als ein vielstimmiges Gewebe, das sich situativ unterschiedlich artikulieren will und gestalten lässt. Auch das Angelegte an individuellem Charakter ist in einem ständigen GESPRÄCH und in Auseinandersetzung mit Brüchen, Widersprüchen, Spannungen und Dissonanzen, ist auf der Suche nach sich und nach der eigenen Überformung, ist dabei angewiesen auf Widerstand, an dem sich der Wille abstoßen und formen kann.

ICH ist kein objektiver, faktischer Befund. 

ICH kann auch nicht in Gegebenheit "gefunden" sein.

ICH ist immer eine relationale Selbstsetzung und besteht nur solange und insofern, als es sich selber leistet.

ICH ist das, was ICH zu sich selbst und DU zu anderen - zu von sich Unterschiedenem - sagt, indem es von diesem ANGESEHEN und ANGESPROCHEN ist.


Gesundheit ist also auch SELBST-GESTALTUNG, im Sinne zu bereinigender REFLEXION, im Sinne einer grundsätzlichen Entwerfung des ICH, welches sich beizeiten aus den Verhärtungen nicht mehr gemäßer, „zusammenbrechender" ICH-Formen erneuern muss, anhand einer grundsätzlichen Bewusstheit über die Eingebundenheit in höhere und größere Kontexte.

Zugespitzt ließe sich sagen, dass die soziale und kulturelle Lebenswelt des Menschen für die Gesundheit jedes Einzelnen mit-verantwortlich zu machen ist, und umgekehrt.


3.) GESUNDHEIT ALS RELATIONALE GRÖßE

Überall dort, wo menschliche Wahrnehmung verhandelt wird, sind Dinge nur in Relation auslegbar und in Bezug bzw. in Beziehung zu anderen (Relationen) aufzufassen - nichts ist an sich GROß, KLEIN, STARK oder VIEL, sondern nur GRÖßER ALS, KLEIN IM VERHÄLTNIS ZU etc.

Entscheidend ist dabei die Bezugsgröße, das RELAT.

Nur und explizit dort, wo ein vermeintlich ABSOLUTES künstlich gesetzt ist und gilt, da sind Dinge im Verhältnis zu ebendiesem ABSOLUT erscheinend, nur dort sind sie demnach „relativ".

GESUNDHEIT ist jedoch KEINE absolute Größe, kein ABSOLUT als Solches.

Wo Relativität anstelle von Relationalität fungiert, werden Realitäten weniger vereinbart, sondern vielmehr reduziert:

Wenn ein Schwarz-und ein Weiss-Seher eine Realität zu vereinbaren haben, wird im Relativen ein Grau vereinbart sein. Das lässt die Möglichkeit von Schwarz und Weiss nicht aufscheinen, die Relationen werden vernachlässigt, zugunsten einer Art relativen Vereinheitlichung, die weder das Eine, noch das Andere akzentuieren oder geltend machen kann.


Relational, also ohne Bezug auf ein Absolut, würde die Vereinbarung lauten:

Da ist schwarz möglich, da ist weiss möglich, und da ist auch grau eine Möglichkeit.

Dein Schwarz kann mein Weiss bereichern und umgekehrt mein Weiss dein Schwarz hervorheben.

Wo aber vorschnell und relativ GRAU „vereinbart" wird, verschwinden die Potentiale SCHWARZ und WEISS als Möglichkeiten und als die Auffassung bereichernde Momente.

GRAU ist somit und eigentlich auch nicht „Vereinbarung", sondern schlichter Kompromiss, der eben als Solcher die Eigenheiten, die Eigen-tlichkeiten und je die Besonderheit der konkreten Lebenserfahrbarkeiten KOMPROMITTIERT.

Realität soll jedoch nicht schlichter Kompromiss sein, sondern aktive Bemühung um den Aufschluss alternativer Wirklichkeits-Auffassungen, deren Akzeptanz und Achtung als Möglichkeit und deren Einbeziehung in das je Eigene, als Bereicherung und als das Meinhaftige überhaupt erst hervor-hebenden und kontrastierenden Horizont.

Wer Schwarz als Mögliches akzeptiert, verleugnet oder vernachlässigt nicht das eigene Weiss.

Vielmehr wird es als Bestehendes im Bestand etabliert, als relationale Größe überhaupt gesetzt, vor erweitertem Hintergrund gehoben und horizontal akzentuiert - letztlich als relationale Weise der reichen Wirklichkeits-Ausgestaltungen.


Dies gilt auch im Falle des analysierten Grundphänomens.

GESUNDHEIT kann nicht absolut gesetzt sein, kann kein "Messwert" sein, anhand dessen Menschen „relativ" gesund oder krank sind, weil dies die Vorhandenheit oder Existenz einer „absoluten“ Größe (GESUNDHEIT) bedingen würde, anhand derer wiederum erst Erscheinungen in ein relatives Verhältnis gesetzt sind.

Gesundheit ist insofern nicht „relativ", sondern grund-sätzlich RELATIONAL, und eine je mit Bedeutsamkeit anzureichernde, relationale Bemessbarkeit - von Gesundem an Gesundem und innerhalb lebend(ig)er Strukturen.

Dies ist die letzte, tiefenstrukturierte Herleitungsinstanz für all das, was anhand dieses Grundphänomens über das Paradigmatische und über die geltenden Reduktionismen hinausweist. 


5) FAZIT

Gesundheit betrifft und umfasst alle Ebenen von LEBEN und Dimensionen von „Mensch-heit" - insofern kann von einer Ontologie der Gesundheit gesprochen werden, überall dort, wo Dinge anthropologisch besprochen und aufgefasst sind.

Wirklich und ursprünglich GESUND, auf eine sich weder reduzierende, noch verfehlende Weise, können nicht nur Individualerscheinungen oder „Einzelne(s)“ sein, da Gesundheit stets auch Soziotope, Aktiotope, ja prinzipiell GEMEINSCHAFT betrifft und verhandelt - alle Personen, die Strukturen (ab-)bilden, sowie all das, was konkreativ lebt.

Insofern ist eine Ontologie der Gesundheit auch eine Anthropologie - und ist aufgebaut auf Ontologien von Personalität, Identität, Humanität, Kommunikation, Begegnung, Intersubjektivität…usw


Der Blick auf Grundstrukturen, wie auch entschiedene und entscheidende Schritte zur Seite (den Stand-Punkt und die Perspektive betreffend), werden durch Ent-und Aufdeckung von Tiefendimensionen erst ausgelegt und eingeleitet.

Diese können zu einer (Ab-)Lösung von verkrusteten Alltagshabitaten und Empfindungsroutinen führen und die Schleier klärend abtragen, die das Grundphänomen verzerren, wenn es überrationalisierten, dogmatischen und monokausalen Trübungen ausgesetzt ist.Weiterhin ist es sowohl denkbar, wie auch ein hohes -jedoch nicht utopisches- Ziel, die Gesellschaft und den Einzelnen an einer Steigerung, Erhellung und Hebung des (hermetischen) Grundphänomens Gesundheit genesen und GESUNDEN zu lassen, insofern,

als Grundphänomen und Wirklichkeit (VIELSTIMMIGKEIT ?) aus der eigenen Geschichtlichkeit herausgearbeitet werden. 

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Autor Florian Giesenhagen

Dipl.-Hygiagoge im Hygiagogik-Zentrum Nordwest

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