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dezember 23/1 # in zwischen


Der Nachmittag

„Alle müssen verstehen, dass das Analoge ausgedient hat. Und selbst, wenn wir im Gebrauch damit noch zurechtkommen, ist es einfach SCHLECHT, weil das Analoge keine Daten generieren kann.“

(Volker Wissing, auf irgendeiner Messe oder Veranstaltung)


Ich höre das und spreche es laut aus, dass ich es hören kann, um nicht zu kapitulieren:

Was ist das denn für eine Aussage?

Auf welchem Niveau meint er denn, der Verkehrsminister, dies begründen zu können, inhaltlich? 

IST SCHLECHT?“, - weil es „keine Daten generieren kann?“

Warum? Seit wann ist das Generieren von Daten Grundlage einer Befunderhebung, von was auch immer, und was soll diese infantiliserte, maximal dichotome Polarisierung, in entweder gut oder schlecht?

Wessen Auffassungsgabe entspricht das, und warum glaubt er, diese auch noch bedienen zu müssen?


Der Abend

Es ist Probe, Lars Eidinger soll den Jedermann spielen. 

Ich hatte häufiger schon den Eindruck, als würde er nicht wirklich Schauspieler sein, in seinen Rollen nicht „schauspielen“, oder diese darstellen, sondern und eher schon: 

Das komplette Dasein wie ein Schauspiel oder eine Aufführung betrachten, auffassen und angehen.

Das Leben ohnehin schon im Angesehensein interpretieren, in der ihm gegebenen, zugeschriebenen und eigenseienden Rolle - als Lars Eidinger eben.

Und das gelingt ihm offensichtlich dann am besten, wenn es eine weitere Bühne auf der (Lebens-)Bühne gibt, wenn sein Beruf ihm also irgendwie ermöglicht, das Schauspiel hervorzuheben, zu entfalten und auf einer Art „Meta-Ebene“ zu veranstalten. 

Es scheint dann so, als beobachte man jemanden, der wirklich in seinem Element ist, der sich ganz natürlich und wie von selbst bewegt, durch die ur-eigenen Sphären und Räume („wie ein Fisch im Wasser“, ja), dem es vergönnt und gemäß ist, ebenjene Intensität in das Handeln und das Sein hineinlegen zu können, zu sollen, zu dürfen, die ihm ohnehin angemessen ist, und die ihm auch ent-spricht. 

Weil die Hemmungen wegfallen, weil die Profession (das Schauspiel) keine Gehemmtheit erlaubt, vielmehr schon die pure, ungefilterte Emotionalität beansprucht, hinsichtlich dessen, was ihm (Lars Eidinger) nahegeht, was ihn an-geht.


Ein Leben in und als Nahaufnahme. 

Immer die Frontalperspektive auf die eigene Mimik, die auf das Empfinden in der Begegnung mit Mensch, Welt und Wirklichkeit reagiert. Die ungehemmte Wucht einer Leiblichkeit, die von der Annäherung an Authentizität und Unmittelbarkeit getrieben und bewegt ist.


Es klingt glaubwürdig, wenn er behauptet, er „stehe nicht über den Dingen“, er stehe grundsätzlich nirgendwo „drüber“.

Ebenso, wie es auf mich nicht inszeniert wirkt, wenn er auf einer Pressekonferenz plötzlich Tränen in den Augen hat, bewegt ist, vielleicht sogar weint - einfach nur, weil er sich nicht aktiv darum bemüht, das zu verhindern oder zu vermeiden.

Dass er sich damit natürlich all den Deppen und Kulturtrotteln zum Fraße vorwirft, dem bornierten deutschen Feuilleton anbietet, ihn zu zerfleischen, ist irgendwie zwar schon fast zwangsläufig, wird ihn aber dennoch treffen, aufgrund seines eigentümlichen Involviertseins, das ihn permanent konfrontiert, da er ja nicht „drübersteht“, sondern vielmehr mittendrin…

Drüberstehen könnte dann bedeuten, nicht angegangen zu sein, nicht konfrontiert, nicht mittendrin zu stehen (weil ja drüber) - Dinge prallen dann ab, an der eigenen Abgestumpftheit, Unreflektiertheit, Gleichgültigkeit, bzw. rauschen sie „unter einem durch“, unterhalb der erhöhten, unberührbaren Positionierung.

Eidinger aber muss all das nehmen und schlucken, was den Leuten an Zuschreibung und Projektion einfällt, wenn sie durch die Intensität der Teilnahme eines anderen mit dem je eigenen, unbeteiligten Sensus konfrontiert -und auf ihr Phlegma verwiesen sind.


Bei einer der Proben (in der Doku „Sein oder Nichtsein“) war es dann so, dass er richtig in das augenblickliche Geschehen rein-zukommen schien, was im betreffenden Kontext dann womöglich auch bedeutet, dass er das fühlte und empfand, was die Rolle vorgab.

Es lief von selbst, es war ganz einfach und bar jeder Bemühung, ihm zu folgen, sich das anzusehen, und es entfaltete einen Sog, der mich hineinzog in die Darbietung, weil da keine zusätzliche Inszenierung mehr zu sein schien, sondern einfach nur ein Mensch, der seine Emotionen momentan lebte, ausagierte und aufrichtig preisgab. 


Und mitten in diesen Flow und in die absolute Intimität des Augenblicks, in die Intensität des gelingenden Geschehens, da quatscht dann der Regisseur seine Assistentin voll, mit irgendeinem organisatorischen Kram.

Das hat sogar mich, als unbeteiligten, zweidimensionierten Zuschauer, vor dem Fernseher, massiv irritiert, genervt, gestört. 

Es hat diesen natürlichen Fluss unterbrochen, in dem wir 

manchmal gewahr werden, uns befunden zu haben, unmittelbar nachdem die Bewusstwerdung dessen den Moment beschließt und uns hinausbefördert, aus dem Mitgerissensein, aus diesem selbsttätigen Strom, raus, aus dem reinen Geschehen.


Ihn hat es empört, das hat er nicht verstanden:

Gerade der Mensch, für dessen Augen er sich da auch bloßlegte, auszog und probierte, dessen Blick er benötigte, gerade der entzog sich dem Augenblick -und ihm selbst die (Rück-)Kopplung.

Ich meinte, wirklich mitfühlen zu können, wie das in ihm gärte, wie da Wut, Entsetzen, Nichtverstehen und Missverstandensein rangen, in ihm.

Er hat das kommuniziert, aufrichtig, hat im Sprechen versucht, sein Denken zu fassen und den Affekt zu formulieren, all das eben, was ihn irritierte, was er bedurft hätte und was die Ignoranz des Regisseurs mit ihm machte. 


Der hat das nicht begriffen, hat nicht wirklich hören und zuhören können, hat es zerredet, hat es argumentativ in die Niederungen seiner künstlerischen Verdeppung transferiert, und emotional die vor Ort waltenden Hierarchien aufgerufen, was kolossal lächerlich wirkte, auf mich. 

Bei Lars Eidinger schien das unmittelbar ein Nichtverstandensein aufzurufen - das ihn auch von den anderen Anwesenden isolierte, weil die einfach nur schwiegen und den zähen, überintimen und viel zu realen Moment versuchten, auszuhalten - das dann derart affektiv und bedrängend wurde, dass er dagegen anbrüllen musste. 


Lautstärke, um sich selbst zu hören, zu erden und zu verorten, irgendwo, auf dass sich der plötzlich brechende und öffnende Boden wieder schließen will.

War das bei „Fearless“, wo der Überlebende eines Flugzeugabsturzes (Jeff Bridges?) in den Sand spuckte, 

um diesen mit seinem Speichel, also mit sich selbst, zu vermischen, beides in seinen Fingern zu verreiben, um sich gewahr zu sein, dass er DA ist, real, noch anwesend?

Dass er und seine Wirklichkeit aufeinander reagieren, irgendwie?

Dass die Substanz da draussen noch verwoben ist, mit der eigenen Stofflichkeit ?


Die Nacht

Diese Verzweiflung Eidingers, mit wirklich keinem Wort, keiner Erklärung und auf keinem Wege sich verständlich machen zu können, in der Luft zu hängen, mit seiner Seinsauffassung, seinem Wirklichkeitsaufschluss und seiner Wahrnehmung der ja eigentlich geteilten Situation, die hat mich erinnert.

Irgendetwas daran schien mir auf schräge Art und Weise vertraut. 

Letztlich und naheliegend natürlich: diese völlig absurden Telefonate, die ich jüngst führte.


Wie alles Bemühen um Anschlussfähigkeit der eigenen Wirklichkeit ins Leere läuft, wie jeder Versuch, die momentane Auffassung teilbar zu machen, direkt und ungebremst vor ein  Gemäuer der Resonanzlosigkeit rast, an einer intentional auf Konfrontation gestellten Gerichtetheit abprallt, weil ich mich selbst nicht auf Verstehen und Verständigung auszurichten vermochte oder mochte, ebensowenig, wie das Gegenüber, der eigentliche Resonanzraum - der Empfänger.


Das erzeugt eine Art Flattern, es öffnet (sich) eine Tiefe, die weniger Durchdringung und mehr Abgrund ist.

Zu merken, zu fühlen und sich dessen gewahr zu sein, in diesem Moment nicht anschließen zu können, die Situation nicht teilbar sein zu lassen, irgendwie-und wo in der Luft zu hängen, mit den eigenen Gedanken und Wahrnehmungen, als lose, unaufgegriffene und unbegriffene Fäden, das fordert etwas ein, was zugunsten von Vereinbarung und Entgegenkommen sich manchmal zu destablisieren scheint - die Festigkeit der eigenen Positionierung im Zwischenraum

- im Dazwischen


Stimmt das? Ich hatte diesen Gedanken gerade noch bildhaft skizziert, hatte ihn und das, was ich mir eindringlich zu machen versuchte, greifen können. 

Aber all das fluktuiert, irgendwie, ist manchmal flüchtig und nur ganz kurz zu greifen, wie eine Hermetik des eigenen Weltaufschlusses, die sich nicht willentlich betreten lässt, sondern nur in Beiwohnung vorfinden, unmittelbar in dem Moment, in dem man das verliert, verlässt, indem man sich wieder draussen verortet.


Muss es immer mindestens einen geben, mit dem wir uns real VEREINBAREN, und sollte der bestenfalls - muss aber nicht unbedingt - anwesend sein, an-wesen?

An-wesen - zu begreifen, dass das Wesen bei Heidegger stets als Verb aufzufassen ist, hat mich kurz richtiggehend in Freude versetzt, endocannabinoid, weil ich das auf angenehme Art so sprachversessen fand.

Vielleicht ist es ausreichend, eine Intersubjektivität des Dritten aufzurufen, diese herzustellen, zu imaginieren, oder sich vor-zu-stellen, irgendjemand würde hören, sehen, rückkoppeln und Restrealität vereinbaren, dadurch, durch sich selbst


Denn darum geht es ja im Grunde, ganz am Anfang und am Ende, immer, immer auch

Um die Vereinbarung von Realität. 

Um das oder um ein „Andocken“. 

Um Bestätigung und Manifestation der eigenen Wirk-lichkeit, die dadurch gegenständlicher, greifbarer, fassbarer wird.

Das ist bei Gedanken nicht derart relevant, weil Ideen sich unterscheiden und sich durch die identifizierte Differenz schon aufeinander beziehen.

Es ist bei Schilderungen dessen, was man erlebte, fühlte, empfand oder dachte, zwar wünschenswert, nicht aber so absolut dringlich.

Wenn es jedoch um den Moment geht, in dem ich mich 

be-finde, in dem ich wahrnehmend Wirklichkeit generiere und versuche, teilbar zu machen, um sie auch selber wieder - im Zurückkommen - besser einordnen und realer auffassen zu können, dann wohnt dem Geschehen eine bald schon absolute Präsenz und damit eine Dringlichkeit inne, irgendwie vermittelt, mittelbar und (mit-)teilbar zu sein, in und anhand der Situation Resonanz zu erzeugen und zu erfahren, die ggf. auch nur darin bestehen kann, das gesagt wird: 

„Ich sehe, denke, empfinde oder beurteile das anders“…

Weil das „anders“ ja schon die Rückkopplung mitliefert, weil der Befund ja auf ein Gesehenes verweist. 

Ich sehe und verstehe, dass du hier eine 2 wahrnimmst.

Für mich ist das aber eine drei.“


Völlig ausreichend, als Vereinbarung, um den Moment, die Begegnung und das Geschehen zu realisieren, im geteilten Augenblick zu verankern, beidseitig.

Das alles läuft vielleicht so unmittelbar, nicht bewusst und unreflektiert ab, dass es weder gegenständlich, noch fragwürdig ist, und wir immer nur darüber stolpern, wenn sich irgendein Geschehen mal nicht realisieren und vereinbaren lässt, wenn man nicht anderer Meinung ist, sondern vom Grunde des Augenblicks aus den Moment nicht teilen kann, nicht als gemeinsames Geschehen vereinbaren, wenn man eben nicht in einer resonanten, teil-und mitteilbaren Wirklichkeit sich vor-findet. 


Das sind schräge, fragile Situationen, die auch deswegen eher selten sicht-und wahrnehmbar sind, weil wir -intentional, aber selten bewusst- beinahe alles tun, um sie zu vermeiden. Wir suchen, finden und vereinbaren uns an kleinsten gemeinsamen Nennern, bilden gefahrlos große Schnittmengen, um bloß nicht hinausgeschleudert zu sein, aus einer kollektivierten, allen zugänglichen, dissonanzlosen Wirklichkeit. 

Das ist dann die Realität, auf die sich beinahe alle vereinbaren können, in der sich jeder vor-finden und aufhalten kann, die von allen Leitmedien aufgerufen, transportiert und visualisiert wird, die in nahezu allen Begegnungen gegenständlich -und anhand der bürgerlichen Lebenswelten manifestiert ist.

Vielleicht ist deshalb das Wetter so geeignet und auch angebracht, als grundsätzlich vereinbarender „Nenner“.

Es ist zumeist die letztgebende, gemeinsame Situation, der größte und offensichtlichste, geteilte Raum, in dem wir uns je be- und vorfinden.


Die oben erwähnte 3, statt der eigenen 2, die dient als unmittelbarer Vermittler, des Gesehenen, sie erdet beide Teilnehmer in Begegnung, Moment und Situation. 

Man sieht das Gleiche, nur eben anders, man bestätigt sich die Wirklichkeit, dadurch, dass man sich Varianten des Wahrgenommenen schildert, die aber im Grunde doch auf eines verweisen können: 

Das Gesehene, die Wahrnehmung, die Wirklichkeit, als wechselseitige Vereinbarung - als EIN Geschehen, das Realität beanspruchen kann.


Das eindrückliche Erkennen und Gewahrsein des Nichtverstandenseins, Nichtwahrgenommenseins, Nichtgesehenwerdens des momentanen Wirklichkeitsaufschlusses, isoliert den Wahrnehmenden unmittelbar in einer dann abgeriegelten (in speziellem Sinne: hermetischen) Situation, die sich als Solches, an und durch sich selbst, verfestigt.

Die Verunsicherung ist dann insofern eine existentielle, als sie den letztgebenden Grund betrifft und den Boden der inneren Notwendigkeit angreift, auf dem sich Sozialität und Individualität(bzw Identität) auslegen, und anhand dessen Realität und In-der-Welt Sein ausgestaltet sind. 

Jeder Riss, der durch ein Fundament zieht, lässt die darauf aufgebaute Gesamtkonstruktion anfällig für Brüche - und in sich instabil sein.  

Ich weiß nicht, ob das verständlich wird, wo da der Unterschied ist, und inwiefern das elementar wird, im Hinblick auf die Phänomenologie von Dasein, Realität und Wirklichkeit, bzw. auf jene von Identität, Selbstkonzeption und Begegnung.


Eidinger also, nochmal:

Was ihn in meiner Betrachtung so besonders macht, derart polarisierend und darüberhinaus zu einem guten DJ, ist ein Gespür für geteiltes Geschehen, im Moment, in noch zu entfaltender Gegenwart.

Für „intime“ Augenblicke, die nur dann und als Solches wirklich wahrhaftig, intensiv und sinnlich aufgeladen sind, wenn sich da mindestens einer aufrichtig und mit voller Wucht hin-gibt, sich und dem Anderen, dem Geschehen im Moment, wenn da mindestens einer es vermag, sich vertrauensvoll auszuliefern und (mitten-)drin zu sein, ohne Zurückhaltung zu erleben und sich auf Resonanz einzustellen und auszurichten, anschlussfähig, an-steckend und an-steckbar zu sein, entweder für den Blick des Anderen (Eidinger ist immer der Angesehene, denke ich), oder für dessen Sein, das oder den er dann ansieht, dessen Spiegel er ist und für die personale Entfaltung des Gegenübers, die der eigene Blick ermöglichen kann.


Das erfahre ich manchmal als eine fast spielerische Form des Austarierens, im Moment der Begegnung, ob es gelingen kann, zu einem geteilten Geschehen zu werden, einer sich doppelnden Situiertheit, oder so.

Gelingt das nicht - oder nicht profund, dann bleibt die Situation eher flach, in Kontur und Durchdringung, ist aber auch weniger anfällig für Brüche und für innere Widerstände, weil sie keiner tieferen Formen von Wachheit und Anwesenheit bedarf - man kann sie einfach so durchlaufen lassen, in Zuschaltung von alltäglichen und souverän zu durchlaufenden Habituierungen - die Fallhöhe ist geringer.


Es fehlt dann allerdings das Potential von wirklicher Begegnung, von intensiverem Erleben, das immer dann die höchste Intensität aufweist, wenn es geteilt ist, WIRK-lich geteilt, nicht in Meinung und Aussage, in Gedanke oder Einstellung, sondern im und am Grunde des Erlebens, des Empfindens, des Wahrnehmens.

Nur dann ist es an-steckend, ergreifend, übergreifend und resonant - in alle Richtungen.


Der nächste Morgen

Ich denke das immer wieder: 

Könnten wir uns vielleicht irgendwie anders verhalten, den Umgang miteinander verändern, das Miteinander verändern, eigentlich dann ja auch schon bald und eher: UNS verändern?

Ja und Nein - zumindest nicht direkt, nicht ansatzlos.

Vielleicht verhält sich das in etwa so:

Alles Handeln und Verhalten ist auch an unsere Menschenbilder gekoppelt, auf unsere Selbst-und Weltbilder bezogen und verwiesen. 


Die Art, wie wir mit uns und anderen umgehen, wäre dann  Folgeerscheinung einer ursprünglicheren Weise, uns und einander zu begegnen

Und Begegnen wäre grundphänomenal aufzufassen, als Letztgebung, als innere Notwendigkeit der Kommunikation, aller Interaktion, jeder Intersubjektivität. 

Am Anfang stünde die Begegnung, welche konfrontiert, uns betrifft und Angang generiert, bzw Angegangensein.


Aber vielleicht begegnen wir nicht Mit-Menschen oder Wesensverwandten, sondern: 

Nationalitäten, Glaubenszugehörigkeiten, Hautfarben oder sexuellen Orientierungen (und sicherlich ist das eine sehr plakative, öde und profane Aussage…)?

Vielleicht ist immer schon ein Urteil, eine Degradierung und eine Einordnung mitgeliefert, in der Wahrnehmung, im Sehen, im Erleben und Begegnen.

Und vielleicht ist das alles derart primär ineinander verwoben und verstrickt, dass sich zunächst und von Grunde auf auch die Bilder, unsere Welt-und Menschenbilder, verändern müssten, um dann irgendwann einmal das Verhalten und den Umgang zu verändern, um schon im frühesten, im allerersten Vorgang der Begegnung, etwas zu öffnen oder offen und durchlässig zu halten, was überhaupt über die affektive Ebene des Handelns hinwegheben und hinausführen kann, um ein grundsätzliches Potential an möglichen Weisen des Miteinanders bereitzuhalten, welches stets situativ und per Entscheidung einem veränderten und verändert emp-fundenen Grundentwurf folgt, vielmehr überhaupt folgen KANN, somit, dadurch.


Wo war ich? 

Ach so, was ich immer wieder denke:

Kann sich und uns hier irgendjemand mal wirklich ernst nehmen?

Nicht wichtig, das lieber nicht, das eher mal wieder weniger, aber eben von Grunde auf ERNST, als Mensch, als Wesen, als Ko-Akteur und Art-Verwandten, oder so? 

Eben nicht als Kontrahenten…

Ist das möglich, grundsätzlich, wesenhaft, ist so etwas Bestandteil eines ur-menschlichen, genuinen Existenzials, sofern es so etwas gibt oder geben kann?

Wäre das umsetzbar, erlernbar, im Rahmen menschlicher Möglichkeiten?

Anwesend sein, zuhören, offen und durchlässig sein, sich das mal anhören und erklären lassen, was jemand zu sagen und beizutragen hat, sofern er etwas beizutragen hat, sich interessieren, für den anderen und dafür, was in ihm vorgeht, was er ERLEBT?


Immer wieder das Erleben.

Ich bin der Mein-ungen überdrüssig. Manchmal.

All diese widergekäuten Ansichten. Manchmal.

Sich immer auf alles zu beziehen- und alles zu beurteilen wissen, einfach immer alles zu wissen glauben. Immer.

Wovon wir eigentlich Zeugnis ablegen könnten, was wirklich zu wissen und zu berichten wäre, was nicht anzuzweifeln ist:

Das eigene Erleben, das jemeinige Fühlen und Empfinden und wie es wahrgenommen, aufgefasst, verwirklicht ist.

Wie wir das erfahren, was in uns und um uns sich ereignet, was das dann macht und wie sich das auswirkt auf uns, wie wir das erleben, was wir erleben, wie wir das empfinden, was wir fühlen, was wir darüber denken, was wir denken… 

Die zweiten Ordnungen. 

Die Reflexivität der eigenen Reflektiertheit. 

Letztlich auch das, was exklusiv menschlich ist, ohne uns zu exkludieren, aus Natur.


Alles solange reduzieren oder an sekundärer Oberfläche abtragen, was den Blick auf die gemeinsame, geteilte Situation verstellt?

Sich mit der Möglichkeit konfrontieren, dass alles, was an Argwohn und Negativität, an Missgunst und Hass nach außen getragen und auf andere projiziert wird, seinen Ursprung vor allem auch in Selbstablehnung, instabiler Identität, endogener Verunsicherung, Unzufriedenheit und empfundener Zurückweisung - also NICHT Geliebt- und Angenommenseins - hat? 

Zusammengefasst: In Angst.


Wenigstens in all den Fällen, wo es nicht (mehr) um archaische Mangelbedürfnisse des Überlebens geht.

Also im Hinblick auf all Jene, die das Privileg genießen, mit der inwendigen Wucht der eigenen Mentalität sich vollumfänglich um sich selbst und um die eigene Befindlichkeit zu drehen.

Nachmittags, abends, nachts, am nächsten Morgen…

Kürzlich hatte es geheissen, auf 3-Sat oder so, Kulturzeit oder ähnliches, jedenfalls analoges Fernsehen für Bildungsbürger Ü50:

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Autor Florian Giesenhagen

Dipl.-Hygiagoge im Hygiagogik-Zentrum Nordwest

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