Anatomie der Abwesenheit
JUNI 25/1 #Anatomie der Abwesenheit
1 Donnerstag, 19.6.25
14h16
Unruhe. Nervös, müde und kraftlos.
Ich bin gar nicht da, bin nicht ausreichend hier, bei mir, bei dir, bei uns. Eklige Verfassung, bedrohliche Befindlichkeit.
Das Gegenteil jenes wunderschönen Zustandes, der -im Falle des Gelingens- durch die Anwendungen erzielt wird:
Ruhiger und wacher Geist, entspannter Körper, frisches und leichtes „Sichfühlen“ - also in Kontakt mit sich sein, die eigenen Empfindungen abrufen können…
SHEN, ich brauche Shen…
Es läuft am Ende und im Prinzip ähnlich ab und auf dasselbe hinaus: sich unentwegt nur um sich selber drehen, sich beobachten, sich ertappen bei wiederkehrenden, bald mantraartigen Gedanken der Überforderung, des affirmierten Überdrusses, schlimmstenfalls des schleifenhaften und introversierten Nichtmehrkönnens…
Interessant ist: der Depp, der da oben diesen einen Satz ständig wiederholt, der alle drei Sekunden „Ich kann nicht mehr“ hervorwürgt und mir wie eine halbverdaute Maus vor die Pfoten legt, der wirkt nicht identisch, mit mir, der scheint das ICH im SELBST zu sein, und solange diese Unterscheidung -vom Selbst- noch vorzunehmen ist, noch vorgenommen wird…
Es ist immer wieder ein Aufwand, den wir, die Männer also, zu betreiben haben, um sich dem eigenen Fühlen und Erleben anzunähern. Während viele Frauen Gefühle einfach HABEN, ihre Emotionen registrieren und kommunizieren, bzw. sie registrieren INDEM sie sie kommunizieren, müssen wir uns auf eine Art metareflexive Ebene begeben, vorsätzlich, intentional, müssen wir die eigene Befindlichkeit stets ANHAND eines inneren oder äußeren Widerstandes festmachen und identifizieren, müssen von einer weiteren, höheren Warte auf uns und auf die eigene Erfahrung blicken, um dann irgendwann und irgendwie eine Annäherung zu bewerkstelligen, an uns, an die Emotion, an unsere Reaktionen auf äußere Stimuli.
Das ist jedes Mal aufs Neue ein unglaublich schönes, bizarr-wundersames Unternehmen, wenn wir in unserer Gruppe ( vier Männer Ü50) aufeinandertreffen und uns freiwillig gegenseitig konfrontieren (lassen), ein Waten und Stolpern durch verschiedene Ebenen und Niveaus, immer das Verlaufen in der naheliegenden und vertrauten Ratio miteinbezogen, stets ist dieser Schritt oder Fehltritt in die kognitive Gewohnheit einkalkuliert und verlässlich, immer verirrt sich wieder einer in sich selbst und im eigenen DENKEN, auf der Suche nach Worten für ein Gefühl, nach Gefühlen für eine registrierte Befindlichkeit, nach Ausdruck einfach nur für das, was da gerade und momentan passiert, in ihm, was er bemerkt, erlebt, erfährt, hier und jetzt, in der Begegnung, während der Begegnung, vordergründig auch ANHAND der Begegnung.
Zurück zu diesem ICH-Deppen, der da oben mit schadhaften und fehlgesteuerten Affirmationen um sich und IN MICH ballert:
Spätestens dann sollten entweder vorsorglich installierte Warnlampen leuchten und ins Auge springen, oder die Konfrontation (auf-)gesucht werden, irgendeine Art befugter und befähigter Instanz…
Besser und eher noch: eine durch Befähigung befugte Instanz.
Jemand, die den Spiegel vorhält, die rüttelt und weckt, die irritiert, die stört, die nervt. (Der wiederkehrende Artikel ist hier kein Druckfehler, ist in diesem Fall kein Versehen…)
Jeder braucht das irgendwann, beizeiten, manche seltener, einige öfter, ich IMMER, ich wenigstens heute immer…
Un-ruhig sein meint eigentlich: in(s) Leere greifen.
Sich nicht orientieren und niederlassen können, nicht einlassen, auf nur irgendetwas - auf eine Tätigkeit, einen Gedanken, eine Empfindung, nicht einmal auf ein situatives Grundgefühl, eine Art momentan waltender (Ver-)FASSUNG, anhand derer sich eine Stimmung ausgestalten oder bestimmen ließe, nicht auf ein grundsätzliches (sich) Be-Finden.
Mich von mir und von der eigenen Gegenwart - im Sinne eines sich/mich Einfindens im Jetzt-Moment - entfremdet haben und sehen, mich also fremd fühlen, hier und in mir, das ist das, was ich im Grunde meine, was ich als Zumutung des eigenen Selbst-und Wirklichkeitsaufschlusses empfinde.
20h09
Vergangenheit als Phänomen, in ICH-Form, im Modus eines erlebenden SELBST, wäre dann demnach subjektiv erfahrenes Geschehen, welches sich selbst durch Er-Innerung eines je noch heranzuziehenden Erlebens immer neu zu vergegenwärtigen, zu beschließen und als Solches zu vollziehen imstande ist.
20h50
Anmerkung für mich.: siehe „vollzogenes GESCHEHEN“, in irgendeinem BLOG, als sich Ereignendes, das durch persönliches Gewahrsein, durch Bewusstwerdung und durch Vergegenwärtigung des situativen Erlebens den je Erlebenden und dessen Wirklichkeitsauffassung eigentlich eher ent-gegenwärtigt, das Geschehnis also dadurch beschließt, den Modus des „reinen Geschehens“ einbüßt und somit vollzogen, beendet und ALS GESCHEHEN gekennzeichnet ist - immer auch anhand einer sich dadurch unmittelbar und fließend verändernden Situierung, einer neu aufzufassenden und zu erfahrenden Situation, der trans-und intersubjektiv neu zu begegnen ist. („neu wahrzunehmen“ ist in dieser Hinsicht zu flach formuliert und interpretiert, da jedem Wahrzunehmenden die BEGEGNUNG noch zu-Grunde liegt)
23h45
…und Zeitlichkeit, grundsätzlich betrachtet - wenn und sofern menschlich aufgefasst, hinsichtlich eines personal zu setzenden vorher/nachher - wäre insofern immer auch: „GESCHEHEN als multidimensionale Gegenwart“:
Einerseits als er-innertes, per Gewahrwerdung vollzogenes und beschlossenes Geschehen (Vorher),
desweiteren als (momentan) erlebtes, nicht abgeschlossenes und noch fortlaufendes, involvierendes (Jetzt-)Geschehen - in welches die Erlebenden je noch verwickelt sind
und schließlich als proleptisch vor-gestelltes, erwartetes, (sich noch) zu ereignendes Geschehen (Nachher).
2 Freitag, 20.6.25
11h17
Jedenfalls: Vielleicht ist dieses oben beschriebene „Entfremdungsempfinden“ gleichenteils auch wieder ein monströses Privileg, also etwas in solcher Weise erleben zu können und überhaupt zu dürfen, sich demnach in einer bald absoluten Weise um sich (oder um das) Selbst zu drehen, sich derart emotionalisiert auf das eigene Befinden und Erfahren zu werfen und schmeißen zu wollen, weil das ja auch bedeuten kann, dass da keinerlei „engende“, den ach so Entfremdeten verpflichtenden Anforderungen zu bestehen scheinen, nichts Raumgreifendes, „zu-Habendes“ und Unbedingtes, was der Alltag einforderte, das abgearbeitet sein will, dem man nachzukommen hätte.
Nichts also, was immer schon vor der Entfremdung Routinen aufruft, vertraute Wiederholungen installiert, banale BEKANNTMACHUNGEN verkündet und erzeugt - all das, worin sich ein ERKENNEN anzeigen oder reproduzieren ließe.
Entweder, weil dies tatsächlich und im subjektiven Empfinden ausbleibt, oder weil es situativ nicht aufgefasst und insofern nicht (für-)wahr-genommen ist.
16h07
Aber auch das trifft sicherlich nur teilweise zu, ist immer nur perspektivisch korrekt. LEERE ist absolut (und) unbewohnt, ist eben nicht zu ertasten, ist und erfährt sich empfindungslos und stumpf. In (eine solche) Leere greifen bewirkt und hinterlässt stets Taumel, Wanken, Instabilität, weil da kein Widerstand zu tasten ist. Es kann auch keine Abstoßung erfolgen, an und anhand einer noch abstrakten Erfahrung (Leere), die sich im Empfinden immer erst konkretisieren muss, die nur als Empfundenes realisiert und tastbar ist, hinreichend konfrontiert und an-geht. Ich greife bildhaft ja nicht „die Leere“, sondern die (enttäuschte) Vorstellung eines zu Greifenden, die (nicht eintretende) Erwartung einer Gegenständlichkeit, einer Konkretion. Das, was letztlich und im Grunde dann die (sekundäre, weil auf empfundene Leere folgende) Un-Ruhe aufruft, was einen Unruhigen hinterlässt, was unruhig macht, kann demnach (als Leere) nicht er-und begreifbar sein, muss anhand von Vorstellung, von Erwartung und v.a. von AUSBLEIBUNG identifiziert und bearbeitet sein, was bedeuten würde, dass sich konstatierte Leere und empfundene Unruhe wiederum nur in zu bereinigender Reflexion -und insofern nachträglich- begreifbar macht und verändern lässt.
(Was habe ich erwartet, was war meine Vorstellung - was hatte ich also der Abtastung vor-gestellt?)
20h52
Auffällig ist die Dominanz der begrifflichen Negationen, sind diese Lücken, die die Sprache lässt, wenn es um als „un-angenehm“(!) empfundene Phänomene und Befindlichkeiten geht („Leere“, „Un-Ruhe“…) - oft handelt das von uns Abgelehnte auch von etwas uns Abgehendem, das auch deshalb so mühsam zu identifizieren und zu konstatieren ist, weil nicht die Dissonanzen selber benannt und erkannt und verbegrifflicht sind, weil es vielmehr deren Abschattungen sind, die Negative der Bilder, der Vorstellungen und Gefühle, die wir aufrufen und bewirken, die wir evozieren und von denen wir evoziert sind, hier im Sinne eines Vorgeladenseins…
Ebenso, wie erfahrungsgemäß auch die Avisierung einer Vermeidung einfacher zu intendieren und müheloser zu formulieren ist, als eine konkret beabsichtigte Annäherung, als etwas, das sich im Strebevermögen noch verankern muss.
Tausendmal NEIN scheint weniger zu wiegen als EIN konkretes JA. Tausend Verwerfungen und Zurückweisungen gehen einfacher von der Hand, als die eine Zustimmung, das eine Bekenntnis, die benötigte ENT-Scheidung.
23h11
So ist auch alle Erkenntnis ihrem Gegenstand nur nachgetragen, bezieht sich also auf etwas/ein Überwundenes. Jedes Begreifen und jeder Begriff markiert und bezeichnet eine bereits vollzogene - wenigstens aber (im Erkennen) eingeleitete - Überwindung. Wir verankern uns durch das Er-kennen in einer neuen Situierung, von der wir noch nichts wissen bzw. keine Kenntnis haben, in der wir uns immer solange aufhalten und be-finden, bis wir uns darin aufgehalten vor-finden.
Alles, was sich in der JETZT-Erfahrung offenbaren kann, ist Hinterlassenschaft, ist (bereits) geschehen und erfahren,
ist beschlossenes Erleben, welches sich im selben Vorgang einer Erschlossenheit verweigert und anzunähern sucht.
Das, was tatsächlich momentan, in diesem Augenblick geschieht, muss als subjektives Widerfahrnis zwangsläufig übersehen sein, weil nur jene Blindheit für sich selbst das Erleben in der- und für die Situation öffnet, es dynamisiert und in Bewegung hält, und damit Aufenthalt und Teilhabe im (Jetzt-)Geschehen ermöglicht, fließend, situativ. Das Empfinden von Zusammenhang und Kohärenz, eines Ineinandergreifens der Abläufe, des Zeitlichen, ist auf diesen Situationsfluss angewiesen, darauf, dass wir eine neue Situierung auffassen, indem wir eine andere beschließen.
Das subjektiv-perspektivische JETZT erscheint also nur als sein eigener Schatten, in Form und Art und Weise einer Abschattung des Erlebten, der Erfahrung. Es lässt sich nicht greifen, nicht fassen, weder ein-, noch überholen.
3 Samstag,21.6.25
10h02
Heute Sonnenwende. Längster Tag des Jahres, kürzeste Nacht.
Ganz viel Licht, und wenig Dunkelheit.
Ab morgen dann wieder absteigende Jahreszeit, das Aussen verfinstert sich prozessual, chronophysiologisch Krise des Funktionskreises NIERE…
Vielleicht sollte das, was wir Bewusstsein nennen, umgeschrieben- also umgedeutet werden? Der Begriff Kommunikation singularisiert das zu Benennende nicht, er öffnet es vielmehr, hin zu einer sozialeren und trans-individuellen Dimension. Es kann kein isoliertes, kein für sich (und) allein stehendes Bewusstsein existieren, da es nur insofern bewusst IST, als es auch resonant und kommunikativ ist, indem es v.a.auch BEGEGNET.
Dies angenommen, wäre auch das, was wir als WAHRNEHMUNG beschreiben, besser oder treffender benannt als BEGEGNUNG, weil diese früher gesetzt und somit grundphänomenal ist. Allem, was wir wahrnehmen, begegnen wir auch, haben wir (primär) zu begegnen, anhand einer das Sein und das Dasein auszeichnenden und durchströmenden Resonanz, die alles ver- und alle aneinander bindet, die alles Lebendige zu (sich und einander) Begegnendem hebt, die ursprünglicher ist, als es jedes vermeintlich einzeln, vereinzelt, oder singulär existente Bewusstsein wäre oder sein könnte. Wahrnehmung, die (Objekten und Subjekten) NICHT begegnet, kann nicht SEIN, würde sich reduzieren auf intrapersonale Affekte und auf (sensuelle) Interiorisierung, also auf in personale Innenleben verlegte Phänomene, wie Traum, wie Vorstellung, wie Fantasie.
4 Sonntag. 22.6.25
22h23
Angst vor wirklicher Begegnung, vor der Ungeheuerlichkeit des eigenen, emotionalen Welt-und Menschzugangs.
Jedes erlebte und erfahrene DU konstituiert ein noch zu erlebendes und erst zu erfahrenes ICH, welches durch den Anderen, im Angesehensein bereinigt ist, das nicht mehr vollumfänglich der eigenen Mimesis und Entwerfung folgt.
Und es konfrontiert mit einem WIR, das wesenhaft resonant ist, das in und von Resonanzen lebt und sich daran und davon nährt, das anhand der Resonanz aufrechterhalten ist und Antworten einfordert, das Bekenntnisse abruft, das auffordert, zu begegnen und Angang zu gestalten.
Was würde das bedeuten, hier - Fremdheit als Feind?
Abwesenheit als inneres Exil und als eine Art letzter Bunker?
Der Rückzug in eine Hermetik des Inneren, der Isolation und der Resonanzverweigerung? Ab-wesen ist emotional angelegt, ist sensibel/sensitiv gesteuert. Die Abstumpfung und das Nichtfühlen wären dann Maßnahmen, auf Konfrontiertheit zu reagieren, indem eben NICHT begegnet wird, indem An-Gang negiert und Betroffensein verweigert ist - wenigstens intentional.
23h38
Alles Thesen, alles Fetzen. Schnipsel, Beifang, Treibholz.
Ausgriffe in den eigenen Strom aus Gedachtem und Gefühltem, aus Bildern und Assoziationen, aus Sorge, Befürchtung und Bedrohlichkeit. Immer wieder dieses Dräuen, nervend und laut - dröhnend, zehrend und erschöpfend.
5 Montag,23.6.25
21h56
Jedenfalls: Ich hatte kaum bis keinen Text, da ich auch kaum Begegnungen hatte, privat, weil in diesem Exil kein Leben stattfindet, weil der Blick im Rückzug verschwimmt und eine Konturlosigkeit erzeugt wird, der einfach NICHTS abgewonnen werden kann. Als wollte man aus dem Fenster eines fahrenden Zuges, in den man sich entgegen der Fahrtrichtung gesetzt hat, Bilder konkretisieren und festhalten…
Vielleicht entzieht ein solides, stabiles oder allzu konkretes SEIN (im Alltag) den Situationen die potentielle Begegnungsintensität, die kostbaren Unsicherheiten, die veranlassenden Dissonanzen und die benötigten Irritationen und Störgeräusche - v.a im SOZIALEN?
Ich war also abwesend, ich wese viel zu häufig ab.
Ich entscheide mich aber dafür, die gewählte Agenda zu bedienen und ebendies zu thematisieren (die erstenworte), jetzt und hier also nicht auf den Text zu warten, nicht auf die Begegnung mit Text, Welt, Wirklichkeit.
Es gilt demnach, genau jetzt durchlässig und in Annäherung auch aufrichtig zu sein, ver-antwort-lich für all das, was da - in, an, bei MIR - nicht anwesend und insofern nicht greif-und angreifbar ist, für all die Abwesenheit, die mich umgibt und durchdringt, die ich lebe, ausgestalte, verwirkliche.
Die Anatomie der Abwesenheit benennen, sie meinhaftig skizzieren, exakt diese Abwesenheit auch erleben, das eigene Dilemma tatsächlich erfahren, und, insofern ICH und die Abwesenheit identisch sind, Worte dafür finden, das Erleben dieses Ab-Wesens vertextlichen, oder den Text finden, der daraus spricht.
23h05
Ich hatte auch keine grundsätzliche Mitteilungsabsicht. Da bestand keine situative Idee und kein spontaner Gedanke, der sich aufdrängte, sich interessant zu machen anbot, der auch nur annähernd adäquat gewesen wäre, sich GEDANKE nennen zu dürfen - originär, selbst gedacht, nicht aufgeschnappt, nicht wiedergekäut, nicht rezitiert und bereits Gedachtes nur modifizierend, in vermeintlich eigene und andere Worte fassend. Alles, was zu sagen blieb, war, dass nichts zu sagen ist. Die Intention des BLOGS entspricht dem Anspruch an Gedanke, Wort und Text: es soll etwas NEU oder erstmals gedacht sein, nirgends und nicht sollen mir Idee, Inhaltlichkeit, Verweis und Durchdringung begegnet sein. Ich will und muss mir stets einbilden, einreden oder vormachen können, Urheber zu sein, Erstdenkender, Schöpfer eines Originals, welches in jener Form noch nicht gedacht ist, nicht zur Sprache gekommen, nicht zu Text geworden. Oder aber - im Falle eines Nichtgelingens, also dann doch recht häufig - wenigstens annähernd ursprünglich zu reden und aufrichtig zu texten, immer anhand der vorgefundenen Ursprünglichkeit des Denkens und des Rest-Originären am eigenen Text und am persönlichen Erleben.
6 Dienstag,24.6.25
9h48
Alles sehen und erfahren wir dreidimensional und tiefendurchdrungen, wirklich ALLES - außer unser GESICHT, bzw. den eigenen Kopf, von vorne, von hinten, von allen Seiten und aus allen Perspektiven.
Das eigene Antlitz, und die im GE-SICHT tätigen Sinnesorgane, die das Selbstbild visualisieren, veranschaulichen, sichtbar machen, die unsere Wirklichkeit ab-bilden und entwerfen, kann uns immer nur entweder gespiegelt und insofern flach, oder abgebildet und insofern flach erscheinen. Alle visuelle und wahrgenommene Wirklichkeit ist auskonturiert und dreidimensional, besitzt und entfaltet Tiefe vor Hintergrund und Horizont. Allein der eigene Kopf, vordergründig unser Gesicht und mithin der BLICK, den wir auf dieses und auf uns werfen, anhand dessen wir unser Selbstbild konzipieren und ent-WERFEN, muss immer in Darstellung flach und als Abbildung zwangsläufig zweidimensional bleiben, kann keine Tiefe entfalten, bleibt Zurückwerfung - abgebildet und gespiegelt - in allen Fällen für uns selber FLACH und konturlos.
Eine Wirklichkeit und Wahrgenommenheit, die den Wahrnehmenden und, v.a., das visuell WAHRNEHMENDE (Ge-SICHT) selbst nicht einbezieht. Wahrnehmung, die blind für sich und die eigene Ermöglichung bleiben muss.
Das Gesicht ist demnach der flache oder untiefe Bereich unseres Körpers, der letzte Rest an visuell-sensitiver Verunsicherung und Unvollkommenheit, an Unklarheit unserer wahrgenommenen, erfahrenen und erlebten Leiblichkeit, das, was am Selbst Prolepsis und Vorstellung bleiben muss - denn die fehlende, dritte Dimension, die Tiefe, haben wir uns hinzuzusehen, bleibt IMMER noch zu vervollständigende und subjektive Wirklichkeit, kann NIE vereinbarte Realität sein, zwischen Ansehenden und Angesehenen, da die Tiefendurchdringung der visuellen Räumlichkeit die sich unterscheidenden Wahrnehmungsmodalitäten unvereinbar sein lässt, da etwas zweidimensional Gesehenes jenen, die dasselbe Objekt dreidimensional erleben, nicht vermittelt werden kann - nicht als Wahrnehmung, nur als Vorstellung.
Ein proleptisches SELBST, sobald es als Bild auftaucht.
12h00
Unser GESICHT kann also von uns visuell niemals auf solche Weise gesehen sein, wie die Gesichter der Anderen, der Angesehenen und der Ansehenden. Wir erleben und erfahren uns in und anhand einer reduzierten Räumlichkeit, die unser Selbstbild und unsere Rahmenkonzeption alleine deshalb schon auf eine un-wirkliche Weise abstrahiert und visualisiert, weil dies anhand unterschiedlicher Dimensionen von Wirklichkeit dargestellt ist und sichtbar wird. Vielleicht ist das Selbstbild, das konzipierte ICH oder die personale Identität mehr auf Erleben, Erfahren und Empfinden angewiesen? Vielleicht leben wir auch deshalb viel zu oft und vordergründig in den Blicken der Anderen, uns Ansehenden.
Weil da immer ein Rest Verunsicherung bleibt, eine fehlende Tiefe für uns selbst, die wir bemüht sind, durch das Ansehen und das Angesehensein zu kompensieren. ? .
15h59
Wahrnehmung ist letztgebend und sich selbst glaubend. Insofern weist sich jedes Gesehene und (visuell) Wahrgenommene an Anfang und Ende anhand seines eigenen Gegenstandes aus, ist als Solches glaub-würdig und als Wahrgenommenheit wirklich werdend.
(…wie schon einmal in irgendeinem Beitrag gesagt:
„…das glaube ich erst, wenn ich es sehe“…)
Die Zweidimensionalität des Gesichtes bleibt für dessen Träger unantastbar, unveränderlich - dieser wesenhaft banale Gedanke bemüht sich seit seiner vormittäglichen Erstbedenkung immer wieder darum, sich mir als ungeheuerliche, absolut kolossale und von mir erstgedachte Erkenntnis vorzustellen… - ich beginne also damit, mich zu schämen, ich unterstelle mir eine kognitive Fahrlässigkeit.
16h20
Flachheit und Konturlosigkeit des eigenen Antlitzes sind genuin visuell und räumlich, sind als Reduzierung eingebettet in reichere Wirklichkeit, tiefere Dimensionalität und profunde Horizontalität. Alles konturiert sich relational zur Darstellung des leiblichen Selbstbildes tiefer aus, ist lebhaft in wechselnde Situierung eingebettet und in beweglichem Raum erst vor-ge-funden. Es ist vielleicht sinnvoll, das, was wir ohnehin nicht in voller und tiefendimensionaler Räumlichkeit sehen und erkennen werden, hierarchisch zu „entpriorisieren“, diesen Umstand der Reduziertheit demnach anzunehmen, loszulassen vom Anspruch, das Selbstbild von eigener Hand zu gestalten, indem wir z.B. viel zu häufig davon berichten, wer wir sind oder meinen zu sein oder sein zu beabsichtigen, für uns selber und für die Anderen, im Sein für Andere, im Selbstbild und im Angesehensein.
Es ist nicht relevant und niemals objektiv tatsächlich, es muss stets subjektiver Sachverhalt bleiben, wie wir uns selber sehen und selbst wahrnehmen.
Weil wir - im Grunde genommen - immer die oder der SIND, die in einer konkreten Situation auf eine bestimmte Weise handeln, die unserer Intentionalität weitestgehend folgt und überlassen ist.
17h38
Am Ende also wieder die Frage:
Bekommt man es hin, situativ und grundsätzlich, sich selber zu ent-idiotisieren? Reichen die eigene Gesinnung und die Kraft und die Wachheit aus, um transsituativ KEIN ARSCHLOCH zu sein, kein DEPP, niemand, der die eigenen Belange stets über die auch nur eines Anderen zu stellen beabsichtigt - un-beabsichtigt oder entschieden, fahrlässig oder willenlos?
Dipl.-Hygiagoge im Hygiagogik-Zentrum Nordwest
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