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ONE LOVE - (this is the) algo-rhythm of the night

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november 22/1 # one love - (this is the) algo-rhythm of the night


Die FIFA hat sehr deutlich gemacht, dass sie sportliche Sanktionen verhängen wird, wenn die Kapitäne die ONE-LOVE Armbinden auf dem Spielfeld tragen. Als nationale Verbände können wir unsere Spieler nicht in eine Situation bringen, in der sie mit sportlichen Sanktionen rechnen müssen. Deshalb haben wir die Spielführer gebeten, die Armbinden bei Spielen der FIFA-WM nicht zu tragen

(Statement der Fußballverbände von Deutschland u.a.)


Klatsch! Peng! Ohrfeigenhagel! Aua!

Es schallt und es hallt nach, mit ordentlicher Resonanz, als diese Sätze, Aussagen und Entscheidungen mit geballter Wucht an die Wangen all derer knallen, mit denen man sich solidarisieren -oder mindestens solidarisch zeigen- wollte.


Und es geht noch weiter:

Wir sind sehr frustriert über die Entscheidung der FIFA, die unserer Meinung nach beispiellos ist.


Falsch. 

Beispiellos ist die (eigene) Entscheidung, die man in Reaktion auf die Androhung der -sportichen- Sanktionierung fällt.

Es ist die Wahl, die man immer hat und die man genau hier und genau jetzt, an genau diesem Ort und in genau dieser Situation hatte und getroffen hat, die Gelegenheit, die man ungenutzt ließ, die Möglichkeit, sich eindeutig per Handlung zu positionieren, sich WIRKLICH zu solidarisieren, nämlich genau dadurch, DASS es Konsequenzen nach sich gezogen hätte.

Die Binde nicht etwa trotz der Sanktionierung tragen, sondern eben genau aus diesem Grunde, weil es eine perfekte Steilvorlage darstellte, weil sich direkt von oben hätte bekannt und geoutet werden müssen, weil der systemische und systematische Faschismus nicht mehr hätte übersehen oder umgedeutet werden können, weil tausendundeine Maske gefallen wären, letztlich durch die Aufforderung zur unbedingten und unmittelbaren Stellungnahme, die man durch diesen Akt „zivilen Ungehorsams“ installiert hätte, zu der man die medial gescholtenen, aus der Distanz (und) auf Stammtischniveau kritisierten und aus dem durchgefurzten, öffentlich-rechtlichen Sofa ideell angeblökten Instanzen und Entscheidungsträger gezwungen hätte.


Jetzt und somit fällt nur eine Maske, die eigene, es wird ebenjene Scheinheiligkeit sicht-und offenbar, von der Infantino in seiner Eröffnungsrede gestern sprach, und über die man sich unglaublich vehement empörte.

Jetzt wird auch deutlich, warum. Treffer, versenkt.


Es ist also tatsächlich geschehen. 

Am selben Tag, an dem - nicht in Qatar, sondern in Colorado Springs ( da, wo einst die olympischen Spiele stattfanden…), fünf Menschen ihr Leben ließen, weil irgendjemand dieses für nicht gleichberechtigt hielt.

Und ich schäme mich schon wieder, vielleicht einfach nur, weil meiner Empfindung kein adäquateres Gefühl einzufallen scheint, als SCHAM.

Irgendjemand hat gesagt, Scham kann man nicht lernen.

Ich denke, das kann man schon, und sollte das auch.

Es braucht als NICHT-KIND nur länger, es bedeutet Aufwand und eine Wahl, die man trifft, grundsätzlich und immer situativ: 

Ich will SO nicht sein!

Ich will SO nicht mehr sein!

Ich will nicht (mehr) so sein, wie der da, der das gerade gemacht, gesagt, unterlassen hat, war das ICH?


Ob ich ein Idiot bin?

Eben gerade war ich`s noch…

Das gesamte Dasein hat sich auch darum zu drehen, die eigene, angelegte und erlernte, vollzogene und potentielle Idiotie zu bekämpfen, in den Hintergrund zu drängen und bestenfalls abzulegen, und wenn auch nur für einen, für den einen Moment.

Der DFB z.B. hatte diese Wahl, er hatte Gelegenheit, Möglichkeit, MOTIV, geeignete Mittel und eine unfassbare Öffentlichkeit, der er mit einer einzigen Handlung, durch eine gezielte Entscheidung hätte deutlich machen können, dass er in der Lage ist, KEIN IDIOT zu sein.

NICHT feige, opportun, prahlerisch, scheinheilig.

Er, der DFB, sie, die Nationalelf, der Kapitän Manuel Neuer, der Trainer Hansi Flick, als selbsternannte Repräsentanten einer Nation, die sich aufgeklärt, moralisch überlegen, modern und eben solidarsich inszeniert, deren Narrativ all diese Adjektive und Eigenschaften nicht nur zitiert und beinhaltet, sondern vielmehr schon indezent für sich reklamiert und aufdringlichst einfordert, hätte sich gerade machen und eine stabile und integre Grundhaltung offenbaren und vermitteln können - alles verschenkt, alles geschenkt.

Es ist alles noch viel schlimmer, als angenommen.


SOLIDARITÄT (Oxford Languages/GOOGLE): „unbedingtes Zusammenhalten (mit jemandem) aufgrund gleicher Anschauungen und Ziele“


Un-bedingt, also bedingungslos? 

…außer bei gelber Karte, das ist nicht zumutbar.


Sarkasmen, Zynismus, Scham und unmittelbar auftretende Eskapismus-Tendenzen, die stellen sich wieder ein, in Reaktion auf das, was ich aber eigentlich nicht anders erwartet hatte. Vor allem, nachdem gestern bereits, in erster Reaktion auf diese „Androhung“ der FIFA, auf so scheußlich deutsche Art entgegnet wurde, die Engländer seien ja sowieso vor uns dran, da könne man ja erstmal schauen, was die machen und vor allem was dem Harry Kane passiert, wenn er die Binde dennoch trägt.

Wie widerlich feige, lauernd und sich hinter anderen versteckend. Anstatt einfach grundsätzlich für sich eine Haltung einzunehmen, die eben besagt: 

Dazu stehen wir, das vertreten wir und das lassen wir uns auch von noch so keinem mächtigen Verband verbieten, und wenn, dann sind wir dazu bereit, die Konsequenzen zu tragen, weil es uns WICHTIG ist, weil wir die ganze Sülze, die wir hier medial seit gefühlten Jahren zu diesem Thema anrühren und absondern, auch tatsächlich LEBEN und gedenken, in Handlung umzusetzen.

Weil wir wissen, von was wir sprechen, wenn wir mit Begriffen wie Solidarität hantieren und gleichzeitig mit unserer eigenen Glaubwürdigkeit jonglieren, weil wir uns denken können, wie sich das für jene anfühlt, denen wir diese unsere Solidarität zusagen und direkt wieder entziehen, beim ersten, geringsten Widerstand von persönlicher Verstrickung, konkreter Betroffenheit und tatsächlichem AN-GANG.

(SCHEISSE HANSI! - ich krich hier gelb für die olle Binde? ich wollt doch nur soildarich sein! mit wen eigentlich nochma?)


Vielleicht tue ich dem Manuel Neuer unrecht, vielleicht entscheidet er sich Mittwoch anders, vielleicht folgt er, in Absprache mit der Mannschaft, der "Bitte" seiner Delegation nicht und nutzt diese Chance, per minimaler Symbolik einen immensen, bereitgestellten Resonanzraum zu füllen.


Die Solidaritä jedenfalls, die sich selber meint und ernst nimmt, die endet nicht dort, wo es über schöne Slogans und medienwirksame Willensbekundung hinaus geht. 

Sie fängt dort eigentlich erst an.


Vielleicht können die queeren, oder sowieso alle nicht eindeutig zuzuordnenden Menschen, diesem Beispiel einfach folgen?

Nee, wenn ich hier auf die Fresse kriege dafür, dass ich Herbert statt Uschi liebe, dann lass ich das einfach, hat Manuel ja 2022 auch gemacht, muss man sich nicht geben sowas…

Achtung, Kinder: Bei Drohung immer direkt verneinen, verleugnen, einknicken und unterlassen, vollumfänglich zurückrudern und sich aber nachher darüber beschweren, dass man ja keine Wahl hatte. 

Sehr deutsch, das. (…wir haben nur unseren Job gemacht…)

Das ist das allerbeste Exempel für alle Heranwachsenden, alle angehenden FußballerInnen und sowieso alle sich in Prägung und Heranreifung befindenden Menschen, vor allem für jene, die was auf ihr Deutschsein geben…

Fußball wird seiner Vorbildfunktion gerecht. 

Wie sehr und in welcher Ausprägung, wird in dem Zusammenhang deutlicher.


Die direkt entstehende Diskussion darüber, ob der DFB nun „eingeknickt“ sei, moderiert Bernd Neuendorf einfach beiseite, weist die Vorwürfe zurück, wie es allenthalben getan wird, wenn es um Dialog und Verständigung geht, damit auch bloß nicht irgendjemand, von irgendeiner Seite, auch nur in die Nähe einer wirklichen Reflexion des eigenen Handelns geraten kann. Es wird über Macht geredet und von Machtdemonstrationen gesprochen - und dabei völlig verdrängt oder gar nihiliert, worum, um was und um wen es bei der aufgeblasenen Debatte um SOLIDARITÄT ja eigentlich geht - nicht um die FIFA, nicht um Gianni Infantino, auch nicht um den DFB oder um Bernd Neuendorf, um Katrin Müller-Hohenstein, das ZDF oder den deutschen Fernsehkonsumenten.

Vielleicht sollten wir da mal nachfragen, ob es etwas „zurück-oder von sich zu weisen“ gibt, ob die „Frustrationen“ des DFB angebracht oder das „beispiellose Verhalten der FIFA“ angemessen ist?


Es gab bislang ausreichend Motive, dieser Veranstaltung nicht zu folgen-ebenso, wie es auch Gründe gab und gibt, kein RTL zu schauen, das ZDF zu meiden, Mario Barth zu boykottieren, von Hirschhausen, Harald Lesch, Gert Scobel, Aspekte, Pilawa… und die versammelte Restmannschaft der anderen, nicht genannten Wichtigkeits-Kasper. 

Ehrlich gesagt ist es aber dieses self-fulfillment, dieser artistisch durchgeführte und zwischen den Zeilen lange schon sich ankündigende Tritt in das eigene Gesäß, der tatsächlich einen Beweggrund markiert, da nicht mehr hinschauen zu können, nicht mehr mitmachen zu wollen, wenigstens das Gefühl sich selber zu vermitteln und zu verkaufen, NICHT mehr Teil dieser Idiotenmaschinerie zu sein, ab jetzt, ganz genau ab eben gerade, 

als der DFB sich niederkniete und 

die Vaseline ergriff, 

die die FIFA


Nicht, weil das dort was ändern würde, direkt, unmittelbar.

Einfach, weil dies die Entscheidung ist, die ich in genau dieser Situation treffen kann, und zu treffen habe.


Weil es die Wahl darstellt, die ich hier und immer habe.

Weil das Große in jedem Kleinen steckt.

Weil alles in Allem ist.


Und, natürlich auch, weil ich

KEIN IDIOT (mehr) 

sein will.




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Autor Florian Giesenhagen

Dipl.-Hygiagoge im Hygiagogik-Zentrum Nordwest

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